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Resilienz in der Klimakrise?

Problemanzeige, Alternative und Bedeutung des Glaubens

Die Religionspädagoginnen Katrin Bederna und Claudia Gärtner arbeiten die Problematik und Ambivalenz des Resilienzkonzepts im Rahmen der Klimakrise heraus. Es darf, auch aus theologischen Gründen, nicht nur um die Anpassung an die Krise gehen, sondern genauso müssen ihre Ursachen bekämpft werden. Die Autorinnen votieren daher für das Konzept des Em­powerment als Widerstandsfähigkeit gegen katastrophale Strukturen und nennen Beispiele, wie Religion zu Empowerment beitragen kann.

Resilienz gilt als erstrebenswerte Eigenschaft, die Individuen befähigt, trotz kritischer Ereignisse ein glückliches und erfülltes Leben führen zu können. Die miteinander verwobenen ökologischen Krisen, allen voran die Klimakrise und das Artensterben, sind die gefährlichsten sowie zeit­lich und räumlich weitreichendsten Bedrohungen der Gegenwart. Es liegt deshalb nahe, auch in dieser Hinsicht Resilienzen zu entwickeln, um trotz massiver Einschränkungen der Lebensmöglichkeiten gut le­ben zu können.

Resilienz wird hinsichtlich der Klimakrise zweifach entfaltet. Zum einen sollen Menschen resilient werden, um die vielfältigen ökolo­gi­schen, sozialen und ökonomischen Krisen, die durch die klimatischen Brüche ausgelöst werden, individuell bewältigen zu können. Diese individuelle Bewältigung reicht von emotionalen (z. B. beim Anblick abgestorbener Wälder nicht zu verzweifeln) über körperliche (z. B. klimatisch adäquate Ernährung) bis hin zu sozialen Strategien (z. B. Gemein­schaft als stärkende Ressource). Zum anderen sollen Gesell­schaften (Stadtgesellschaften, Nationen ...) resilient werden, um trotz allem die Grundlage guten Lebens für viele bieten zu können. Diskutiert und erprobt werden angesichts der Klimakrise verschiedene Anpas­sungs­strategien: das Schützen (Deiche, Pumpanlagen, Klimaanlagen), die Desensibilisierung (Fassadenbegrünung, städtische Luftschneisen und Bäume, Überflutungsflächen), das Nachgeben (biegsamere Archi­tektur gegen Stürme, schwimmende Bebauung), das Verformen (andere Bäume pflanzen, andere Nutzpflanzen anbauen) und das Ausweichen (Verlängerung der Sommerferien, Bau unterirdischer Wohnanlagen, Migration). Hinzu kommen die individuell und gesellschaftlich rele­van­ten Resilienz-Strategien Versichern und Entschädigen. Diese federn die bereits eingetretenen Schäden ab bzw. nehmen einen Teil der Angst vor ihnen, während die zuvor genannten Strategien die Sachschäden bzw. die psychischen, körperlichen und sozialen Schäden zu minimieren versuchen.

Religiosität bzw. Spiritualität bildet einen wichtigen Faktor für den Aufbau individueller Resilienz: „Im Zusammenhang mit Resilienz sind Meditation und im weitesten Sinne spirituelle Praxis vor allem dann bedeutend, wenn sie kontinuierlich trainiert werden und sich dadurch langfristig eine gelassene, weise Auffassung des eigenen Selbst und der Welt einstellt. Es ist zu betonen, dass sich spirituelle bzw. meditative Praxis zur Förderung von Resilienz nicht an eine bestimmte Konfession oder Dogma richten“ (Fathi 2019, 32 f.). Spiritualität führe zu einem emo­tionalen Gleichgewicht. Sie helfe, das Selbst und die Welt „gelas­sen“ wahrzunehmen und hierdurch Kraft zu schöpfen, um Krisen zu bewältigen. Dass Religion in diesem Sinn zur Bewältigung der Klima­krise beitragen könne, wird auch von politischer Seite unterstrichen, wenn beispielsweise Bundesminister Gerd Müller Religion als Resilienz­ressource betrachtet, „da sie Erklärungsmuster und Rituale bereithält, um mit Verlust, Leid, Niederlagen und Katastrophen umzugehen“ (Müller 2016, 16). Damit ist gerade in Zeiten der Klimakrise ein bedeut­samer Aspekt angesprochen, da es notwendig wird, von bestimmten Lebensstilen Abschied zu nehmen und die eigene Schuld anzuerkennen. Für beides bieten Religionen Weisen der gemeinschaftsbezogenen Ver­ar­beitung und neuer Stabilisierung.

Individuelle Stärkung der Widerstandsfähigkeit statt Ursachenbekämpfung?

Resilienz ist notwendig. Nichtsdestotrotz ist Resilienz ein ambivalentes, je nach Ausprägung auch hochproblematisches Konzept. Erstens zielt Resilienz zwar auf die konstruktive Bewältigung der Krise, nicht aber auf die grundlegendere Ebene: die Vermeidung der Krise. Sie wendet nicht die Notlage. Sie stärkt die Abwehrkräfte. Das ist nicht unwichtig, führt aber leicht dazu, das wirklich Notwendige, nämlich die Bekämpfung der Ursachen der Krise, in den Hintergrund treten zu lassen. In der Klima­forschung wird die Ursachenbekämpfung mit dem Fachbegriff „Mitiga­tion“ (von lat. mitigare – mildern) umschrieben. Die Tendenz zur Domi­nanz von Resilienz über Mitigation mag auch damit zu tun haben, dass Resilienz einfacher ist: Angesichts der Klimakrise ist Mitigation wesent­lich global, denn entscheidend ist nicht der Treibhausgasausstoß der Einzelnen, der Stadt oder des Landes. Entscheidend ist der Treibhaus­gasausstoß aller. Wenn die Klimakrise national zu lösen wäre, wäre sie vielleicht längst gelöst. Resilienzprobleme sind hingegen national bzw. individuell lösbar.

Damit ist das zweite Problem der Resilienzstrategien genannt: Sie individualisieren und regionalisieren den Umgang mit Krisen durch den Fokus auf psychische Bewältigungsstrategien und auf die Anpassung des Verhaltens (des Bauens, Wohnens, Essens …) an widrige Umstände. Verantwort­lich gemacht werden hier die Einzelnen bzw. die jeweilige Region oder Nation. So verschieben Resilienzstrategien die Verantwor­tung für die nötige Transformation weg von den Verursachern hin zu den Opfern. Das gilt innergesellschaftlich: Resilienz entwickeln müs­sen alle. Der Treibhausgasausstoß des Einzelnen steigt hingegen statistisch mit dem Einkommen. Dies gilt auch global: Resilienz entwickeln müs­sen alle, am meisten die in den klimatisch ohnehin schon ungünstigeren Gebieten. Die Hauptverursacher des Klimawandels leben hingegen (so­wohl bei einer Pro-Kopf- als auch bei einer historischen absoluten Be­rech­nung) im globalen Norden. Diese Verschiebung wird noch dadurch weitergetrieben, dass das soziale und finanzielle Kapital, Einzelne und Gesellschaften resilienter zu machen, individuell, regional und global auf der Seite der Verursacher tendenziell höher ist als bei den Opfern. Eine Dominanz von Resilienzstrategien ist folglich drittens ungerecht.

Der Konflikt zwischen Resilienz- und Mitigationsstrategien samt der gerade skizzierten Individualisierung und Verschiebung der Verant­wortung von den Tätern auf die Opfer ist aus vielen anderen Bereichen bekannt. Welche Strategie vermeidet beispielsweise Schulwegunfälle? Resilienz, also das Üben des Verhaltens im Straßenverkehr und der Geduld und Gelassenheit gegenüber den Stärkeren („Halte an, auch wenn man dir die Vorfahrt nimmt!“), oder Mitigation, also die Ein­richtung von Fahrrad- und Fußwegstraßen, autofreie Innenstädte u. a. m.? Das sind keine Alternativen. Doch werden sie in der Diskussion argumentativ gern als solche aufgebaut, wobei bisher in den meisten bundesdeutschen Städten die Resilienzstrategie als alleiniger Sieger vom Platz ging.

Angesichts der Klimakatastrophe dominierte jahrzehntelang die Stimmung, Mitigation sei nicht oder noch nicht notwendig. Diese Sichtweise ist nun fast unmerklich hinübergeglitten in die Vorstellung, für Mitigation sei es nun ohnehin zu spät, denn das 1,5°C-Ziel als Gren­ze der tolerablen Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überschritten. Was bleibt uns zu tun? Aufbau von Resilienz! Und da Resilienz positiv kon­notiert ist, ist es von dort ein kleiner Schritt zum Lob der Klima­krise, zum Lob für die Chancen, die sie für den Aufbau von Resilienz bietet. So deutet Judith Rodin, ehemalige Präsidentin der Rockefeller-Stiftung, den verheerenden Hurrikan Katrina in New Orleans als Er­folgsge­schichte, da hier nun „all kinds of new areas of economic ac­tivity“ erblühen würden. Die Klimakrise biete “great opportunities to improve lives and livelihoods in the good times as well […] Never let a good crisis go to waste (zit. n. Graefe 2019, 179 f.). Hier wird deutlich, dass in einem so zugespitzten Verständnis von resilienter Gesellschaft die „Differenz von Normalität und Ausnahme, sozialem und nacktem Leben, aber auch von ‚guter‘ und ‚schlechter‘ Gesellschaft irrelevant geworden ist“ (Graefe 2019, 159): Die Katastrophe sei in erster Linie Chance. Auf diese Weise wird Mitigation vollends obsolet – und es fehlt wenig, man wäre den Verursachern der Krise noch dankbar für den angerichteten Schaden.

Religion: Resilienz oder Empowerment?

Damit sind für die Frage nach dem Beitrag des Christentums zur Resi­lienz in der Klimakrise wichtige Kriterien markiert: Nicht vergessen werden dürfen die Ursachen der Krise und deren Bekämpfung, denn im Zentrum der Botschaft Jesu steht nicht die individuelle Anpassung an die jeweiligen Zustände oder der spirituelle Umgang mit einer ver­meint­­lich schicksalhaften Situation, sondern die Herrschaft Gottes, die gutes Leben für alle verheißt. Nicht vergessen werden dürfen die Opfer, denn im Zentrum des Interesses Jesu stehen die Armen. Nicht vergessen wer­den dürfen sozialethische Fragen, denn im Zentrum der biblischen Bot­schaft stehen Fragen nach Gerechtigkeit. „So herum betrachtet sind wir im Zeichen von Resilienz umso mehr dazu aufgefordert, uns nicht anzu­passen und abzu­finden mit der Welt, in der wir leben, sondern im Ge­genteil darauf zu bestehen, dass wir sie verändern können […] Und wir sind und bleiben aufgefordert, Strukturen und Machtverhältnisse, die Lebensgrundlagen zerstören und Ausbeutung, Ausgrenzung und Angst befördern, als das zu begreifen, was sie sind: nicht ontologisch, sondern menschengemacht“ (Graefe 2019, 195 f.). Eine unreflektierte religions­pädagogische oder theologische Aufnahme des Resilienz­begriffs in der Klimakrise würde das Christentum zurückkatapultieren in die Rolle eines stabilisierenden Faktors lebensfeindlicher Strukturen.

Gesucht ist also ein Konzept, das die Stärke des Resilienzkonzepts auf­nimmt, nämlich die psychische und physische Kraft, Krisen zu bestehen und in Gutes zu verwandeln – das aber die skizzierte Problematik ab­legt. Anders als Resilienz, die wörtlich übersetzt „Zurückspringen“ oder „Abprallen“ bezeichnet, also reaktiv bzw. statisch ist, müsste das ge­suchte Konzept Aktivität und Kreativität betonen. Diese sind nötig, um nicht nur mit der Krise gut zu leben, sondern trotz der Krise stark zu bleiben für deren Bekämpfung. Gesucht ist also letztlich ein Gedanke, der Resilienz und die Fähigkeit zur Miti­gation verbindet. Im Folgenden soll hierfür der Begriff Empowerment verwendet werden (vgl. UNESCO/​UNFCC 2016). Er bezeichnet die kraftvolle Widerstandsfähigkeit gegen katastrophale Strukturen, nicht nur im Sinne des individuellen Beste­hens, sondern im Sinne machtvol­ler Transformation im Interesse der Ohnmächtigen. Empowerment kommt dem nahe, was Johann Baptist Metz mit geschichtlicher Wi­derstandsfähigkeit meinte: „Während der Resilienzbegriff, wie er heute im neoliberalen Diskurs gebraucht wird, Widerstandsfähigkeit zu einer individuellen, erlernbaren Kompetenz von Individuen macht, die es ihnen ermöglicht, in der Katastrophe zu bestehen, meint geschichtliche Wi­­­­d­erstandsfähigkeit bei Metz gerade den gemeinsamen Kampf um das Subjektseinkönnen aller Menschen. Den entscheidenden Unterschied macht dabei die Verknüpfung von Subjektwerdung und Solidarität aus“ (Lis 2018, 288).

Mitgedacht ist dabei, dass die spirituell-liturgische Praxis Ressourcen freisetzt, um mit Kontingenzerfahrungen umzugehen und Widerstands­fähigkeit auszubilden. Diese Praxis kann anleiten, den Alltag zu unter­brechen, sich an Lebens- und Glaubensquellen zu orientieren und Welt und Selbst immer wieder neu wahrzunehmen. Das stärkt aber nicht allein nach innen (Resilienz), sondern ruft in die Verantwortung allen anderen Lebewesen gegenüber. Das ist es, was Metz mit der Einheit von Mystik und Politik meinte.

Das Problem einer religiösen Adaption des Resilienzkonzepts ist aller­dings nicht nur, wie oben skizziert, sozialethischer und politischer Natur. Der Resilienzgedanke ist auch spiritualitätsgeschichtlich nicht schlüssig. Die Idee, dass Gebet, Meditation und insgesamt spirituelle Praxis notwendig stärkend wirken, ist empirisch kaum haltbar. Christ­liche Mystik ist immer auch unterbrechend, verunsichernd, störend. Gotteserfahrung führt in die „dunkle Nacht“, in die absolute Gottferne. Sie entreißt das Ich seiner selbst, nicht, um es am Ende des Weges stark und selbstzufrieden (Krise als Chance) wieder auszuspu­cken, sondern um es hinauszuschicken in den Einsatz für den Nächsten, um es zum Mitleidenden zu machen. Gottes Gegenwart und das Entzo­gensein Gottes, Lust an der Liebe Gottes und Leid am Nicht-Göttlichen, an der Abwesenheit Gottes, gehören in der christlichen Mystik untrenn­bar zusammen. Theologisch formuliert: Resilienz setzt auf Ostern. Eine theologische Aufnahme des Empowerments müsste hingegen beden­ken, dass christliche Gotteserfahrung auch die Erfahrung des Mit-Gekreuzigtseins ist und dass selbst der Auferstandene die Wundmale trägt.

Empowerment religiös?

Wie kann Religion zum so verstandenen Empowerment beitragen? Das Christentum besitzt inhaltliche und strukturelle Dimensionen, die eng miteinander verwoben sind und die ein solches Empowerment bewirken können. Strukturell ist die christliche Religion eine Glaubensgemein­schaft. Sie kann daher die skizzierte Vereinzelung und Regionalisierung in der Bewältigung der Klimakrise aufbrechen. So ist christliche Spiri­tualität nicht ausschließlich auf individuelles Wohlergehen angesichts von Krisenerfahrungen ausgerichtet, sondern stets auch auf die Ge­mein­­­schaft aller Gläubigen verwiesen. Dabei hat diese Gemeinschaft eine globale sowie eine zeitliche Dimension: Sie weiß sich verbunden mit den Menschen weltweit und sieht sich zugleich in der Tradition des Christentums verortet. Hieraus erwächst eine Verantwortung für die gegenwärtige als auch zukünftige Weltgemeinschaft. In dieser Pers­pektive können sich christliche Gruppen bilden, die sich gemeinsam z. B. für ökologische Projekte vor Ort oder in Ländern des globalen Sü­dens einsetzen. Große kirchliche Hilfswerke wie Misereor und Stern­singer oder Initiativen wie die Mikrokreditgenossenschaft Oikocredit sind in dieser Hinsicht engagiert. Auch viele kirchliche Jugendverbände setzen sich, teils bereits seit den 1980er Jahren, für ökologische Projekte ein und richten ihr eigenes Handeln als Verband klimasensibel aus. Diese Gruppen und Projekte zu unterstützen, kann Teil kirchlichen Empowerments sein. Dazu gehört, über die christliche Vergemein­schaftung hinaus die Zusammenarbeit mit nicht-kirchlichen Umwelt- und Klimaaktivist*innen zu suchen und ihnen Unterstützung anzu­bieten. Insbesondere neu entstehende, regional agierende Klima­schutzgruppen haben oftmals wenig Ressourcen oder unterstützende Strukturen, so dass bereits das Öffnen von kirchlichen Räumen oder das Vernetzen mit kirchlichen Strukturen ein wichtiges Empowerment darstellen kann.

Die christliche Gemeinschaftsdimension ist zutiefst inhaltlich gefüllt: Christliche Spiritualität speist sich aus der Verbundenheit mit der christlichen Tradition, aus ihren Narrationen, Symbolen, Riten, bib­lischen Texten … Eine schöpfungstheologisch geprägte Spiritualität lädt ein zum Lob, Dank und zur Freude an der Schöpfung. Sie kann die Gläu­bigen sensibilisieren für die Schönheit und Fragilität der Schöpfung. Zugleich fordert die christliche Tradition prophetisch auf zur Bewah­rung der Schöpfung und zur Kritik an deren Zerstörung. Sie erweitert den Blick vom Wohlergehen des (individuellen) Menschen auf das gute Leben der gesamten Schöpfung mit allem, was in ihr lebt. So verbinden z. B. in der Fastenzeit Initiativen wie „Klimafasten“ Spiritualität mit Verzicht auf klimaschädlichen Konsum. Auch in Gottesdiensten kann der Zusammenhang von Klimakrise und christlicher Botschaft deutlich werden. Dies geschieht auf einer individuell-spirituellen Ebene, wie z. B. in Bußgottesdiensten, in denen Gläubige für die strukturellen und persönlichen sündigen Verstrickungen ihres nicht-nachhaltigen Lebens um Vergebung bitten und die zur Umkehr aufrufen. Zugleich besitzen Gottesdienste eine politische Ebene, wenn z. B. der Diözesanrat des Bistums Aachen einen ökumenischen „Gottesdienst an der Kante“ in der vom Braunkohleabbau bedrohten Erkelenzer Kirche feiert. Nicht in jeder Gemeinde springt der Bedarf politischer Positionierung wohl derart ins Auge – und doch gibt es kaum einen gesellschaftlichen Be­reich, von Mobilität über Ernährung und Wohnen bis zur Energiever­sorgung, an dem sich nicht die Frage stellt, wie es verantwortbar weitergehen kann.

Ein so verstandenes christliches Empowerment stärkt somit nicht nur spirituell das Individuum angesichts der Herausforderungen der Klima­krise. Es befähigt und ermutigt zum politisch-aktiven Handeln, um die bereits zutiefst verwundete Schöpfung zu bewahren. Ein solches Han­deln bezieht sich auf alle Bereiche kirchlichen Lebens. Es ist allerdings – nicht allein angesichts schwindender finanzieller Ressourcen kirchlicher Verbände und Gemeinden – nicht immer konfliktfrei: Dürfen höhere Bahnfahrtkosten abgerechnet werden, wenn das Auto bei Jugendfrei­zeiten billiger ist? Wie ist die Gemeinde mobil? Wie klimafreundlich legt ein Bistum oder ein Verband finanzielle Rücklagen an? Darf der Kita-Neubau durch eine Photovoltaikanlage teurer werden? Was essen und trinken wir auf dem Pfarrfest? Wie kann das große Pfarrhaus öko­logisch bewohnt werden? Sollte man Autofahrer segnen, wohl wissend, dass sie in dieser Rolle kein Segen sind? Auch angesichts solcher kon­fliktträchtiger Themen kann eine Rückbindung an die christliche Vorstellung von Schöpfung und Reich-Gottes-Botschaft ihr Potenzial entfalten. Christliche Spiritualität trägt so nicht zur Resilienz von Gläubigen bei, sondern empowered diese zum guten (Über-)Leben der gesamten Schöpfung.