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Das Projekt Charismenorientierung der KAMP

Ein kurzer Zwischenbericht

Sicherlich hat „Gemeinsam Kirche sein“, das Wort der deutschen Bi­schö­fe zur Erneuerung der Pas­toral von 2015, den Begriff stärker in den Vordergrund pastoraler Konzeptionierung gerückt: Charismen. Doch obwohl ja auch bereits die Konzilskonstitution Lumen gentium mahnt, die Charismen aller Gläubigen einzubeziehen, ist in den deutschen Bistümern eine explizite, ausführliche Befassung mit Charismen und eine entsprechende operative Gestaltung der Pastoral noch kaum ver­breitet. Das liegt wohl auch daran, dass meist vage bleibt, was ein Cha­risma überhaupt ist, und unklar ist, wie eine durchgängige Cha­ris­men­orientierung der Pastoral praktisch aussehen könnte.

Deshalb hat sich die Katholische Arbeitsstelle für missionarische Pasto­ral (KAMP) bei katholischen Akteuren umgehört, die sich – jenseits der „üblichen“ Bistumspastoral und gemeindlichen Seelsorge – um eine be­sondere Intensität und um neue Formen christlichen Lebens bemühen und bei denen eine besondere Affinität zum Thema Charis­men ver­mu­tet werden konnte. Konkret wurden – coronabedingt meist per Telefon – elf Interviews durchgeführt: u. a. mit Akteuren aus der charismatischen Bewegung und aus neuen geistlichen Gemeinschaften, aus bistums- und ordensgetragenen Programmen zur spirituellen Formung junger Menschen, aus einem Pfarreierneuerungsprogramm, aus einer Fresh X – und mit einer Ordensschwester, die Berufungscoaching anbietet.

Insgesamt wird deutlich: Es gibt in der katholischen Kirche kein ein­heitl­iches Charismenkonzept, sondern vielfältige Annäherungen an eine schwer zu fassende Grunderfahrung christlichen Lebens. Das erkennt man in den Interviews allein schon an den unterschiedlichen Ausführungen zur Herkunft und Entstehung von Charismen.

Aber dennoch waren sich die Befragten trotz ihrer Unterschiedlichkeit in manchem auch (weitgehend) einig: z. B. darin, dass Charismen einen Geschenk- und einen Dienstcharakter (Charismen bringen Nutzen für andere) haben, inner- wie außerkirchlich wirksam wer­den wollen und prinzipiell von allen entdeckt werden können.

Interessant ist, wie man an den Charismen unter ganz verschiedenen „Überschriften“ und Blickwinkeln arbeiten kann: z. B. unter den As­pekten Jüngerschaft, Berufung oder Persönlichkeitsentwicklung. Wel­cher Be­griff, welches Konzept im Vordergrund steht, hängt mit den theologischen und spirituellen Herkunfts­traditionen der Befragten zu­sammen – und offenbar auch, welche Charismen in den Blick kommen; beispielsweise wird von Zungenrede/​Sprachengebet nur von (einzel­nen) charismatisch gepräg­ten Akteuren berichtet. Zudem stehen die beobachteten Charismen häufig in Beziehung zu den (in der Gemein­schaft …) benötigten und gewünschten Fähigkeiten: Musik, Verkün­digung, Homepagegestaltung etc.

Die Interviews zeigen weiterhin, an welch unterschiedlichen Stellen in der Kirche bereits an den Talenten, Charismen und Berufungen von Menschen gearbeitet wird. Allerdings: Wenngleich die untersuchten Angebote durchaus auch eine Brücke zu Menschen, die in herkömmli­chen Gemeinden eher selten anzutreffen sind, schlagen, so erreichen sie doch hauptsächlich dem Glauben und der Kirche verbundene Personen.

Hier wie an anderen Stellen der Untersuchung zeigen sich Ansatz­punk­te, wo eine Kirche, die zu allen Menschen und auch an die Ränder gehen will, zu weiterem Nachdenken angehalten ist. Insbesondere stellt sich aber die Frage, wie die Pastoral der Bistümer von den Ergebnissen der Befragung lernen und sich anregen lassen kann.

Deshalb geht das Projekt, dessen Planungen bereits 2019 begannen, über die Interviews und deren Auswertung hinaus. In einem nächsten Schritt ist ein Fachgespräch mit pastoralen Planern und Akteuren aus den Bistümern geplant, die bereits am Thema Charismen dran sind; da­bei sollen die Ergebnisse der Befragung mit der Arbeit in den Bistümern in Beziehung gesetzt werden. Weiterhin ist vorgesehen, die Erträge aus dem Gesamtprojekt in eine Publikation münden zu lassen.