Konferenz der Internetseelsorge-Beauftragten 2017
Mit Blick auf den aktuellen Stand der Onlinekommunikation diskutierten die Teilnehmenden die Nutzbarkeit von WhatsApp nicht nur für das Versenden von Impulsen, sondern auch für eine persönliche seelsorgliche Kommunikation mit einzelnen Nutzern. Um leicht zugänglich und ohne Umwege erreichbar zu sein, möchten Seelsorger/innen im Internet die Kommunikationskanäle nutzen, die aktuell am weitesten verbreitet sind – soweit ein sicherer und vertraulicher Nachrichtenaustausch möglich ist. Derzeit ist der Messenger-Dienst WhatsApp für viele Menschen aller Altersgruppen der alltägliche und wichtigste Kommunikationsweg und ist damit auch als Medium für seelsorgliche Kontakte höchst interessant. Zudem zeigt sich bei den bereits bestehenden spirituellen Impulsangeboten über WhatsApp, dass Impulse hier immer auch persönliche Kommunikation mit den Nutzer/innen auslösen, die nach einem geschützten Raum verlangt. Andererseits gibt es seitens des kirchlichen Datenschutzes Bedenken gegen diesen Dienst, so dass zum Teil die Installation der App auf Diensthandys verboten wird.
Die Teilnehmer sprachen sich für die seelsorgliche Nutzung von WhatsApp aus, da die Inhalte der Kommunikation durch Ende-zu Ende-Verschlüsselung vor einem Mitlesen durch Dritte geschützt sind. Die Speicherung von Metadaten („Wer ist wann mit wem in Kontakt?“) durch den Anbieter scheint hinnehmbar. Das größte datenschutzrechtliche Problem bei WhatsApp, das obligatorische Hochladen der beim Nutzer gespeicherten Kontaktdaten zum Anbieter, ist durch Verwendung separater Geräte (bzw. entsprechender Online-Tools), auf denen keine anderen Kontakte gespeichert sind, und die Anmeldung der Nutzer über WhatsApp selbst zu entschärfen, da dem Dienst dann nur Daten zur Verfügung gestellt werden, die er bereits von den Nutzern selbst erhalten hat.
Unter verschiedenen Aspekten kam wie schon im Vorjahr die Frage nach dem Kontakt zu kirchlichen „Nicht-Insidern“ zur Sprache. In welcher Form sind Angebote der Glaubensinformation und Glaubenskommunikation im Netz sinnvoll und möglich? Wie kann Internetseelsorge gezielt Kontakt zu bisher wenig angesprochenen Milieus aufbauen? Wie kann eine aufsuchende Pastoral im Internet aussehen? Auf diese Fragen gibt es keine theoretischen und wohl auch keine allgemeingültigen Antworten – umso wichtiger ist es, immer wieder Erfahrungen zusammenzutragen und gemeinsam zu reflektieren.
Weitere Impulse gab zu diesem Thema Tobias Sauer, der als Theologe und freiberuflicher Kommunikationsberater immer wieder diesen Brückenschlag aus dem kirchlichen Binnenbereich hinaus versucht, sowohl im Auftrag für institutionelle Projekte als auch in eigener Initiative mit dem ruach.jetzt-Netzwerk. Nicht Glaube bzw. Religiosität, sondern die Kirche als Institution habe für viele Menschen heute ihre Bedeutung verloren. Es gelte, an den individuellen Lebens- und Glaubenserfahrungen anzuknüpfen und sie mit den Glaubenswahrheiten der Kirche ins Gespräch zu bringen. Dazu sei es zunächst notwendig, Vertrauen zu schaffen und Räume bereitzustellen, die Transzendenzerfahrungen ermöglichen und fördern. Diese Erfahrungen selbst seien unverfügbar und könnten nicht „gemacht“ werden – das müsse respektiert und ausgehalten werden. Klassisches kirchliches Handeln – wie etwa Katechese – diene häufig der Vertiefung und Reflexion von Transzendenzerfahrungen, setze diese also bereits voraus und laufe ins Leere, wo diese noch nicht vorhanden sind.
Um Inhalte vermitteln zu können, sei es zudem entscheidend, erst einmal Aufmerksamkeit zu gewinnen (Aufmerksamkeitsökonomie). Zudem seien eine der Zielgruppe entsprechende Sprache, Gestaltung und Ästhetik unverzichtbar.
In den kirchlichen Institutionen gebe es, gerade was Internet und digitale Formate angehe, immer noch häufig eine Verweigerungshaltung, sich auf Ungewohntes einzulassen. Ebenso würden private Initiativen von Gläubigen ignoriert und nicht unterstützt, obwohl jeder Gläubige die Aufgabe hat, den Glauben zu bezeugen und weiterzugeben.
Als gutes Beispiel, von dem die Kirche lernen kann, sich mit neu gedachten Ansätzen den heutigen Herausforderungen zu stellen, nannte Sauer das funk-Projekt von ARD und ZDF, das ein Jugendprogramm nicht nach dem bisherigen Schema als linearen Sender, sondern als Content-Netzwerk realisiert: Die Form ändert sich, während der Inhalt nicht angetastet werden muss – und der Inhalt ist das, was zählt.