Inhalt

Der Blick in die Zukunft

Zukunftsszenarien – ein Instrument für die Organisations- und Pastoralentwicklung

In vielen Bistümern gibt es eine intensive Suche nach Orientierungen und Kon­zepten für die Zukunft der Kirche. Dies gilt sowohl für die Bistumsebenen als auch für die lokalen Ebenen in den Pastoralen Räumen, Pfarreien und Seelsorgeeinheiten. Die Zukunftsfrage liegt damit auf dem Tisch: Wie kann sich eine Kirche angesichts der gesellschaftlichen Entwicklungen, die er­kenn­bar in alle Lebensbereiche der Menschen hineingreifen, aufstellen? Es gibt viele Bemühungen, sich als Kirche in der Welt von heute neu zu veror­ten. Konzepte, Zukunftsbilder und Pastoralpläne weisen in diese Richtung. Es wird gerungen um Herausforderungen, Perspektiven und Strategien. Die Welt, so wie wir sie vorfinden, fordert uns heraus.

In Gesprächen mit Christen zeigen sich viele Annahmen und Sorgen, was die Zukunft betrifft. Wohin entwickelt sich die Kirche? Werden wir zu einer Minderheit? Entwickeln wir uns zu einem kleinen Kreis enga­gier­ter, überzeugter Christen? Wird die Kirche der Zukunft eine „altern­de“ Kirche mit zunehmender Bedeutungslosigkeit sein oder wird sie eine eher diakonische Kirche sein?

Daneben wird gleichzeitig wahrgenommen, dass das Bedürfnis nach Spiritualität, Sinnsuche und persönlicher Selbstüberschreitung unge­brochen in der Gesellschaft zu vernehmen ist.

In dieser Situation ist es hilfreich, sich genauer und intensiver mögliche zukünftige Entwicklungen vor Augen zu führen. Eine Kirche, die sich den Menschen und ihren Themen verpflichtet weiß, wird danach fragen müssen, wie gesellschaftliche Entwicklungen zum Beispiel in den nächs­ten fünfzehn Jahren verlaufen können.

Und die Welt dreht sich weiter

Mit der Suche nach einer zukunftsfähigen Ausrichtung stellt sich vehe­ment die Frage: Welche Zukunft haben wir dabei vor Augen? Wie den­ken und glauben die Menschen in fünfzehn Jahren, welche Werte wer­den sie leben? Gehen wir in eine Zukunft, die durch Konflikte und Ab­gren­zungen oder durch eine offene, multikulturelle Gesellschaft ge­prägt sein wird? Welche Bedeutung wird den Religionen und Glaubens­gemeinschaften zukommen? Wie werden sich Bedeutung und Formen von Beschäftigung und Formen des freiwilligen Engagements ent­wickeln?

Wir erleben einen gesellschaftlichen Wandel, der alle Lebensbereiche erfasst und durchdringt. Kaum ein Tag, an dem nicht eine neue Spur in die Zukunft gezeichnet wird: in der Forschung, in der Arbeitswelt, in den sich weiter ausdifferenzierenden sozialen und gesellschaftlichen Bereichen. Dieser Wandel läuft in einem rasanten Tempo, das vermut­lich noch zunehmen wird. Voranschreitende Individualisierungen, Plura­lisierungen und Globalisierungen erhöhen die Komplexität bei gleichzeitig zunehmenden Unsicherheiten angesichts möglicher Entwicklungen.

Die Zukunft folgt nicht den Annahmen und Mustern unserer Erfahrungen in der Vergangenheit

Als Kinder unserer Zeit sind wir schnell dabei, mit den Erfahrungen, die wir auf unseren Wegen gesammelt haben, sozusagen Verlängerungen (Prognosen) in die Zukunft hinein zu ziehen. Als traditions- und ge­schichtsfixierte „Organisation Kirche“ sind auch wir hierin sehr geübt. Wir sind häufig bestrebt, bekannte Ordnungen wiederherzustellen, zu stabilisieren oder unter veränderten Bedingungen fortzuführen.

Das, was wir aktuell in der Gegenwart als Herausforderungen erkennen, dient häufig als Grundlage für die Entwicklung von Zukunftsperspek­tiven. Trendbeschreibungen und Prognosen als Markierungen in die Zukunft kennen wir aus vielen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen. Es sind eher eindimensionale Vorhersagen auf der Grundlage aktueller Entwicklungen. Sie reichen meist kurzfristig in die Zukunft, da unvorhergesehene Ereignisse nicht berücksichtigt werden. Trends und Prognosen bieten durchaus wichtige Orientierungshilfen für opera­tive Entscheidungen und Maßnahmen in betrieblichen Organisations­ab­läufen. Mit Blick auf eine weiter gespannte Zukunftsorientierung weisen sie Schwachpunkte auf: „[S]ie repräsentieren nur eine Meinung, sie basieren auf der Gegenwart, sie vermitteln trügerische Sicherheit durch Expertengläubigkeit, ignorieren mögliche Strukturbrüche und sind isolierte Einzelbetrachtungen“ (diese und die folgenden Textstellen ohne eigene Verweise sind entnommen aus dem bislang unveröffent­lichten Arbeitsmaterial des noch zu beschreibenden Kooperationspro­jektes des Erzbistums Paderborn mit der ScMI AG). Gefragt ist ein An­satz, der denkbare zukünftige Entwicklungen erkunden und beschrei­ben kann. Hier setzen Szenarioverfahren an.

Was sind Szenarien?

Szenarien beschreiben zu einem Thema als „Betrach­tungs­feld“ alter­­native Entwicklungsmöglichkeiten und spannen somit einen Möglich­keitsraum auf, eine „Landkarte der Zukunft“. Sie be­schrei­­ben sozusagen Geschichten aus der Zukunft. Mit ihrem zukunfts­offenen Ansatz unter­scheiden sie sich von üblichen Prognosen und Trendbeschreibungen. „Ein Szenario ist die Beschreibung einer denk­baren Situation in der Zukunft, die auf der Betrachtung eines Netzwer­kes verschiedener Schlüssel­faktoren beruht.“

Szenarien werden strategisch unterschiedlich eingesetzt und ausgerich­tet. Sie können innerbetriebliche Leitbilder und Themen fokussieren, unternehmerische Strategien in den Blick nehmen. Sie können auch für Umfeldanalysen eingesetzt werden, die klassische Form der Szenario­ent­wicklung. Eine Umfeldanalyse konzentriert sich auf die sogenannten externen Einflussfaktoren. Umfeldszenarien bieten eine Grundlage für strategische Orientierungen. Sie zeigen fundierte Entwicklungsalterna­tiven für spezielle Betrachtungsbereiche auf und ermöglichen differen­zierte Handlungsoptionen für die Organisationsausrichtung, zum Bei­spiel in der Personal- und Angebotsentwicklung. Sie werden eingesetzt für Analyseverfahren und operative Ausrichtungen. Anlässe für Szena­rien sind zum Bei­spiel unterschätzte Entwicklungen am Markt oder auch die Suche nach neuen Geschäfts- und Produktmodellen. „Blinde Flecken“ oder „ausgeblendete Gefahren“ können erkannt und bear­beitet werden.

Es gibt unterschiedliche Ansätze und Methoden, wie Szenarien ent­wickelt werden können. Diese sollen hier nicht weiter vorgestellt wer­den. Für unser Szenarioprojekt im Erzbistum Paderborn haben wir uns für die Methodik „Szenario-Management“ der ScMI (Scenario Manage­ment International AG) entschieden, einem Dienstleistungs- und Bera­tungsunternehmen für Zukunftsgestaltung und strategische Unter­neh­mensführung. In dem methodischen Verfahren werden sozialwissen­schaftlich fundierte systematische Methoden angewendet, die in der Arbeit mit unterschiedlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Organisationen entwickelt und erprobt wurden. Softwarebasierte Analyseverfahren werden in der Praxis mit kreativen Workshop-Ver­fahren verknüpft.

Diese Methode ist von drei „Denkansätzen“ durchdrungen:

  1. „Zukunftsoffenes Denken“ – setzt auf die Bereitschaft, ergebnis­offen zukünftige Entwicklungen zu denken, ohne in bekannte Muster zu verfallen.
  2. „Denken in Alternativen“ – fördert den Blick dafür, nicht eindi­men­­sio­nal in die Zukunft zu schauen, sondern verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten in den Blick zu nehmen.
  3. „Vernetztes Denken“ – setzt darauf, sich auf komplexe Zusam­­menhänge einzulassen und wechselseitige Beziehungen und Wirkungen zu nutzen.

Wozu haben wir dieses Projekt gestartet?

Wir haben uns auf folgende Ziele verständigt:

  • Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses von möglichen Um­feldern und den damit verbundenen Herausforderungen
  • Bündelung eines gemeinsamen Wissens aus den unterschiedlichen Feldern der Pastoral
  • Schaffung von Orientierungswissen durch die Systematisierung in sich schlüssiger Entwicklungsalternativen in einer Landkarte der Zukunft – diese dient als Ausgangspunkt für eine gemeinsame Ver­­ständigung über die Zukunftsausrichtung
  • Schaffung einer Grundlage für weitere Konkretisierungen und Fort­schreibungen des diözesanen Zukunftsbildes sowie für relevante zukünftige Rahmenbedingungen in der pastoralen Entwicklung

Die Entwicklung der Szenarien

Die Entwicklung der Szenarien erfolgt nach der ScMI-Methode in drei Phasen und einem vorausgehenden Schritt der Festlegung des Betrach­tungsfeldes.

Um die Methode nachvollziehbar und anschaulich werden zu lassen, skizziere ich sie an dem konkreten Szenarioprojekt, das wir im Erzbis­tum Paderborn im Rahmen unseres diözesanen Entwicklungsprozesses durchgeführt haben.

Vorausgehender Schritt: Festlegung des Betrachtungsfeldes

Für die Entwicklung von Szenarien wird in einem ersten Schritt das „Szenariofeld“ bestimmt. Für diesen Betrachtungsausschnitt werden die Einflussfaktoren gesammelt und festgelegt, die im weiteren Vorge­hen bearbeitet und analysiert werden sollen.

In unserem Projekt haben wir uns für „Umfeldszenarien“ entschieden, weil wir für die Konkretisierung unseres diözesanen Zukunftsbildes die sich verändernden gesellschaftlichen Entwicklungen der nächsten Jahre aufnehmen wollen. Wie leben die Menschen in fünfzehn Jahren, was kennzeichnet zum Beispiel ihre soziale Situation, ihre Werteeinstellung, ihr Arbeitsumfeld, ihre Glaubenspraxis? Der Titel unseres Projektes lautet: „Das zukünftige Umfeld der Kirche im Erzbistum Paderborn“.

Für die Erkundung des kirchlichen Umfeldes haben wir uns auf fünf ge­sellschaftliche Lebensbereiche verständigt, wie zum Beispiel Sinnstif­tung, Arbeit, Lebensgestaltung, sowie auf fünf übergeordnete generelle Bereiche, wie zum Beispiel Politik, Wirtschaft, Soziales.

Phase 1: Szenariofeldanalyse

Um mögliche Entwicklungslinien in den einzelnen Lebensbereichen zu beschreiben, werden sogenannte „Einflussfaktoren“ gesammelt und skizziert. Aus diesen werden geeignete „Schlüsselfaktoren“ generiert, indem alle Faktoren miteinander in Beziehung gesetzt werden und der wechselseitige Einfluss bewertet wird. Diese Arbeit wird unterstützt durch eine spezielle Software. Die Faktoren, die eine hohe Relevanz für das Thema haben, werden in diesem Verfahren ausgewählt.

In unserem Beispiel sind bei der ersten Sammlung 88 Faktoren zusam­mengekommen. Die Komplexität des Themas wird hier sichtbar, denn jeder Faktor wird mit allen anderen jeweils in Beziehung gesetzt und bewertet (88x87). Als Faktoren mit der höchsten Relevanz entstanden in diesem Vorgang 23 Schlüsselfaktoren als Grundlage für die weitere Arbeit.

Phase 2: Zukunftsprojektion

Nun geht es darum, zu den einzelnen Schlüsselfaktoren alternative Zu­kunftsprojektionen zu entwickeln. Wichtige Voraussetzung ist dabei, „traditionelle Denkgrenzen bezüglich der Entwicklungsperspektiven der einzelnen Schlüsselfaktoren zu überwinden und den ‚Raum der Möglichkeiten‘ offen zu legen“. Zu den einzelnen Faktoren werden alle nur denkbaren Themenaspekte aufgenommen und prägnant verdichtet. Für diese Aufgabe geht die Szenariogruppe in einen kreativen Arbeits­schritt. Um mögliche zukünftige Entwicklungen präzisieren zu können, wird zu allen Schlüsselfaktoren eine Matrix mit möglichen Entwick­lungs­richtungen aufgespannt. In jeder Matrix werden in der Regel vier bis fünf alternative Zukunftsprojektionen beschrieben.

Beispiel einer Matrix zum Schlüsselfaktor „Freizeitverhalten/Hobbys“ der Szenariowerkstatt in Paderborn

Phase 3: Szenariobildung

Die Projektionen bilden den Baukasten für die Szenariobildung. Mit die­sen Projektionen werden nun alle möglichen Bilder kombiniert, die als plausibel und widerspruchsfrei gelten können. Es entstehen sogenannte „Projektionsbündel“. Die stimmigsten und konsistentesten Bündel werden in einem speziellen Analyseverfahren ermittelt. Dieser Schritt ist notwendig, um „glaubwürdige“ Bilder der Zukunft skizzieren zu können. Auch hier leistet die Software eine hilfreiche Unterstützung. In einem Clustervorgang wird eine überschaubare und für den späteren Nutzer geeignete Anzahl an „Rohszenarien“ ermittelt. In unserem Projekt entstanden so neun Szenarien. Diese werden auf der Grundlage der jeweiligen Ausprägungen anschaulich und prägnant beschrieben.

Um die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Zukunftsszenarien abzubilden, werden die Projektionsbündel eingebettet in eine Landkar­te („Zukunftsraum-Mapping“), die die Nähe oder Distanz der verschie­denen Zukunftsbilder zueinander beschreibt. In dieser Landkarte kön­nen entlang spezieller Merkmale Unterscheidungslinien eingezeichnet werden, zum Beispiel zu den Themen Religiosität, Werte, kulturelle Aus­prägung. Sie bilden so etwas wie Orientierungslinien für Aneig­nung, Interpretation und Bewertung der Szenarien.

Die inhaltliche Entwicklung und Beschreibung der Szenarien ist hiermit abgeschlossen. Was nun folgt, sind Vorgänge als auch Schritte der Kom­munikation und Interpretation.

Über Szenarien ins Gespräch kommen

Damit die Nutzergruppen mit den Szenarien arbeiten können, werden diese so aufbereitet, dass sie plausibel und nachvollziehbar sind, denn diese Szenarien sind das Ergebnis einer Gruppe mit den ihr eigenen Sichtweisen. Hilfreich sind aussagekräftige Titel, Kurzbeschreibungen, zum Beispiel in Form von Schlagzeilen, und Spots als Nachrichten aus der Zukunft. Die besonderen Merkmale der Szenarien sollten besonders plakativ beschrieben werden. Darüber hinaus können auch unterschied­liche Aufbereitungen für unterschiedliche Nutzergruppen vorgenom­men werden, wie zum Beispiel Sortierungen nach thematischen oder strategischen Aspekten. Einzelne Ausprägungen können durch quanti­ta­tive Angaben angereichert werden. Die Szenarien sollten möglichst bildhaft und einprägsam beschrieben sein, damit dem Nutzer ein guter Überblick ermöglicht wird.

Ebenso wichtig für das Verstehen und Nachvollziehen der Zukunfts­land­karte ist ein gemeinsames Verständnis über Bedeutung und Funk­tion. Ein Szenario beschreibt, wie oben schon erwähnt, keine umfassen­de und ausschließliche Mög­lichkeit in der Zukunft, sondern eine Mög­lichkeit mit hoher Stimmigkeit zu den verarbeiteten Gesichtspunkten. Mit den Szenarien werden keine Empfehlungen für bestimmte Hand­lungsoptionen gegeben. Sie bieten Orientierungsrahmen und Sehhilfe (vgl. Fink/‌Siebe 2016, 123 ff.).

Szenarien interpretieren

Mit Umfeldszenarien, wie hier skizziert, eröffnen sich Möglichkeiten der Interpretation und Anwendung für unterschiedliche Nutzerinter­essen in einer Organisation.

Szenarien bewerten

Die Szenariobewertung verfolgt nicht das Ziel, vorherzusagen, welches der Szenarien in der Zukunft eintreten wird. Vielmehr geht es darum, sich zukünftigen Bildern anzunähern und damit verbundene Verände­rungen aufzuzeigen. Unsicherheiten können bearbeitet werden und bekommen Gestaltungsoptionen. Als Grundlage differenzierter Bewer­tungen kann die Szenariolandschaft, können aber auch detailliertere Bewertungen anhand der Schlüsselfaktoren und ihren Projektionen eingesetzt werden.

Eine spannende und auch für unseren kirchlichen Kontext aufschluss­reiche Bewertung, die im Szenario-Management vorgeschlagen wird, nimmt drei Aspekte in den Blick: den Aspekt der gegenwärtigen Situa­tion, der erwarteten Zukunft und der gewünschten Zukunft. Verände­rungen können frühzeitig erkannt und im Prozess der Auseinander­setzung können Verhaltensmuster als auch prägende Optionen in der Organisation bzw. in der jeweiligen Organisationsabbildung sichtbar werden.

Unsere Projektgruppe hat sich entschieden, für eine erste Bewertung die Projektionen zu den einzelnen Schlüsselfaktoren zugrunde zu legen. Das Ergebnis hat uns überrascht. Die Bilder der Gegenwart und der erwar­teten Zukunft lagen nah beieinander, verortet in einem säkular geprägten Umfeld. Eine deutliche Entfernung gab es zur gewünschten Zukunft, die in einem Umfeld mit erkennbar religiösen als auch christ­lichen Merkmalen lag. Die Auseinandersetzung damit führte zu span­nenden Erkenntnissen. Unterschiedliche Einschätzungen zur Ist-Situa­tion der Kirche wurden sichtbar und ermöglichten eine Verständigung zu den derzeit prägenden Kirchenbildern. Die Abweichungen zwischen Ist- und Wunschbild verdeutlichten ein Unbehagen mit der derzeitigen Situation, ein wohl häufiges Phänomen in Szenarioprozessen.

Da es sich um eine Gruppenbewertung handelte, ist davon auszugehen, dass andere Nutzergruppen wahrscheinlich andere Bewertungen vor­nehmen werden, auch innerhalb der gleichen Organisation. Damit haben wir ein hilfreiches Instrumentarium an der Hand, um in unter­schiedlichen Bereichen der Organisation mit einer fundierten Grund­lage Gegenwart, Zukunft und mögliche Handlungsoptionen in den Blick nehmen zu können.

Mit Szenariobewertungen lassen sich darüber hinaus Veränderungs­potentiale, stabile und unsichere Entwicklungen identifizieren und Konsequenzen analysieren.

Grafik: Perspektiven der Szenariobewertung; entnommen dem ScMI-AG-Arbeitsmaterial

Eine weitere Form der Bewertung und Interpretation kann auf der Ebe­ne der einzelnen Schlüsselfaktoren vorgenommen werden. Hier wird ein Schlüsselfaktor unter den Aspekten „Gegenwart“, „erwartete Zu­kunft“ und „gewünschte Zukunft“ betrachtet. Damit eröffnet sich ein sehr detaillierter Blick in einzelne Bereiche, zum Beispiel in den Fakto­ren „Sinnstiftung“, „Werteentwicklung“, „Glaubensentwicklung“, „gesellschaftliche Solidarität“.

Strategien entwickeln

Der aufgespannte Zukunftsraum, in unserem Fall aufgespannt mit neun unterschiedlich positionierten Szenarien, wird sozusagen begehbar und kann je nach Nutzerinteresse mit verschiedenen Fragestellungen erkun­det werden. Welche Szenarien sind ähnlich einzuschätzen bezüglich zu­künftiger Werte- und Glaubensentwicklungen, welche können als wahr­scheinliche Entwicklungen eingestuft werden, welche Handlungsoptio­nen braucht es und wie können Maßnahmen der Früherkennung gestal­tet werden? Für den kirchlichen Kontext finden wir Anhaltspunkte zu einem zukunftsweisenden Dienstleistungs- und Kirchenverständnis.

Wirkungen – Resümee

Szenarien ermöglichen einen Blick in die Zukunft, deutlich hinaus über kurzfristige Vorhersagen und Annahmen. Sie erlauben eine vorurteils­freie Zuwendung auf mögliche alternative Entwicklungen und unter­stüt­zen ein Loslassen von bekannten Bildern und Mustern, die die Gegenwart einfach fortschreiben möchten. Alternative Handlungsop­tionen können auf diese Weise solide entwickelt werden.

Ein Szenariomanagement bietet Instrumente für strategische Füh­rungs- und Organisationsvorgänge. Darüber hinaus haben wir mit den nun vorliegenden Umfeldszenarien prägnante und anschauliche Mate­ri­alien vorliegen, die wir in vielen Feldern der Pastoral praxisnah ein­setzen können: in den lokalen Prozessen der Kirchenentwicklung, bei Schwerpunktbildungen in den Sozialräumen sowie bei notwendigen Innovationsvorhaben. Für Planungs- und Beteiligungsvorhaben ent­steht so ein vorstellbarer, realistischer Bezugsrahmen, der über die üblichen Annahmen und Fantasien hinausweist.

Für Interessierte: In absehbarer Zeit werden wir die von uns erarbeiteten Szenarien auf der Homepage des Erzbistums/‌Zukunftsbildes www.zukunftsbild-paderborn.de veröffentlichen.