Inhalt

Beten mit dem Smartphone – Mobil-Apps und Seelsorge

Auch unterwegs online zu sein, ist für viele nicht mehr wegzudenken: Bei der Nut­zung des Internets wächst in den letzten Jahren der Anteil der Nutzung über Mobilgeräte (Smartphones und Tablets) stetig. Vor allem für Jugendliche und junge Erwachsene ist das Smartphone häufig der meistgenutzte Zugang zum Internet. Dadurch gewinnen auch Apps, also Anwen­dungs­programme für Mobilgeräte, immer mehr an Bedeu­tung. Durch Apps sind diese Geräte zu Werkzeugen für die verschie­densten Aufgaben geworden, die weit über die Kommunikations­funktio­nen eines bloßen Mobiltelefons hinausgehen, und sind auch darum für viele Men­schen unver­zichtbare Begleiter im Alltag.

Gegenüber Websites, die auf dem Mobilgerät nutzbar sind, indem sie im Webbrowser des Geräts aufgerufen werden, bieten Apps die Möglich­keit, zusätzlich weitere Funktionen des Geräts zu nutzen (z. B. Lokalisie­rung über GPS, Bewegungssensoren oder Timer- und Kalenderfunktio­nen). Zudem bieten sie für Dienste und Angebote, die der Benutzer re­gel­mäßig in Anspruch nehmen möchte, meist einen schnelleren, intuiti­veren und bequemeren Zugang als über den Aufruf einer Website im Browser: Sie werden durch das Antippen eines Icons auf dem Display des Geräts direkt ohne Umwege oder wei­tere Eingaben geöffnet. Das auf dem Display sichtbare Icon kann zudem die App im­mer wieder beim Nutzer in Erinnerung bringen.

In den letzten Jahren haben auch kirchliche Institutionen begonnen, Apps als einen mög­li­chen Weg zur Bereitstellung von Diensten zu nutzen bzw. anzubieten.
Für einige Zwecke, wie den Versand spiritueller Impulse, kön­nen die zum Austausch von Kurznachrichten und Bildern ohnehin weit verbrei­­teten Messaging-Apps als Kommunikationskanal verwendet werden. Eigene Apps zu erstellen bietet jedoch wesentlich mehr Möglichkeiten.

Im Auftrag von bzw. in Kooperation mit Bistümern und kirchlichen Insti­tu­tionen entstanden in Deutschland zunächst vorwiegend Angebote der Öffentlichkeitsarbeit mit informierendem Charakter; Beispiele dafür sind eine Anzahl von Bistums-Apps (z. B. Bistum Essen, Bistum Würz­burg, Erzbistum Hamburg), der Kirchen- und Gottesdienstfinder „Katho­lische Kirchen und Gottesdienste in Deutschland“, die App von katho­lisch.de und Apps von Kirchenzeitungen und ‑magazinen.
Mittlerweile sind jedoch auch einige Apps mit pastoralem, vorwiegend spirituellem Charakter ent­stan­den. Die meisten institutionellen Apps stehen für die beiden meistver­breiteten Betriebs­systeme für Mobil­geräte, Android (Google) und iOS (Apple), zur Verfügung.

Impulse als Kurznachricht: Verwendung von Messaging-Apps

Die derzeit für spirituelle Impulse meistgenutzte Messaging-App ist die des Dienstes WhatsApp, der zum Facebook-Konzern gehört und für vie­le Nutzer ein wichtiger Kanal ihrer Alltagskommunikation ist. Eine Nut­zung von WhatsApp für ein kirchliches Angebot setzt voraus, dass Men­schen, die am Empfang der Kurznachrichten interessiert sind, sich beim Anbieter anmelden und ihm ihre Handynummer übermitteln und zur Verfügung stellen.

Nachrichten über WhatsApp können außer reinem Text auch Emojis (in den Text einge­streute Symbolbilder), Fotos und Videos enthalten. Vor allem Emojis gehören zur typischen Ästhetik des Dienstes. Auch in spiri­tuellen Impulsen wird daher häufig mit Emo­jis gearbeitet, um sich der für die Nutzer*innen des Dienstes vertrauten Kommunikati­onsform anzunähern.

Ein Vorreiter für die Nutzung von WhatsApp mit einem geistlichen An­ge­bot war die Internetredaktion des Bistums Essen, die 2015 die Tage von Palmsonntag bis Ostern begleitend die Passions- und Oster­geschichte in Form von Kurznachrichten über diesen Dienst ver­schickte, ein Angebot, das auf große Resonanz stieß und auch vielfach in den Medien aufge­nommen wurde. Ein entsprechendes Angebot gab es danach auch zu Weihnachten.

Mittlerweile gibt es regelmäßige Angebote mit geistlichen Impulsen über WhatsApp und zum Teil zusätzlich über andere Messenger. Das Bistum Würzburg verschickt auf diesem Weg wöchentliche Impulse. Im Advent 2016 kommt mit in_between ein zeitlich begrenztes Angebot hinzu, bei dem auch ausdrücklich ein Team für weitere, auch seelsorg­liche Kommunikation mit den Nutzern bereitsteht.
Die Netzgemeinde da_zwischen des Bistums Speyer nutzt WhatsApp paral­lel zu einer Facebook-Seite. Da_zwischen versendet zu Wochen­be­ginn einen Impuls und bittet die Teilnehmer*innen um Rückmeldungen zum Thema; zum Wochenende gibt es noch einen Ab­schlussimpuls, in den die Antworten eingehen.

Für mögliche Impulsprojekte im Blick ist der vor allem von Jugendlichen viel genutzte Messengerdienst Snapchat, bei dem Fotos ver­sandt wer­den, die durch Filter verfremdet, mit Text und Zeichnungen versehen und/oder zu sogenannten Stories kombiniert werden können. Als kon­kretes Angebot sind mir bisher nur ein Snapchat-Adventskalender 2015 und dessen Weiterführung snap.church des evangelischen Vikars Wolfgang Loest bekannt.

Die Verwendung von Messenger-Diensten für persönliche seelsorgliche Kommunikation, insbesondere direkte Seelsorgekontakte ähnlich einer Chat- oder Mail-Seelsorge wäre theoretisch möglich, ist jedoch aus Grün­den des Datenschutzes bzw. der einzuhaltenden seel­sorglichen Vertrau­lichkeit grundsätzlich nicht unproblematisch. Viele Dienste, so auch WhatsApp, nutzen zwar mittlerweile Ende-zu Ende-Verschlüsselung, die die Kommunikation gegen ein Mitlesen durch Dritte schützt; aller­dings ist davon auszugehen, dass Kommunikations- und Metadaten von den Anbietern dauerhaft gespeichert werden.

Eigenständige seelsorgliche Apps

Wie bereits erwähnt geht es bei den meisten pastoral relevanten Apps um Spiritualität: Sie bieten Anregung und Unterstützung zu verschie­denen Gebetsformen.

Eine Vision von der Smartphone-App als spirituelles Werkzeug für mobile Beter entwickelt der Pastoraltheologe Matthias Sellmann (Sellmann 2012, 17):

Auf der ICE-Fahrt von Frankfurt nach Stuttgart mache ich eine Arbeits­pause. Es ist noch früh, 8.15 Uhr, und eine etwas dämmrige Stim­mung liegt über dem Großraumabteil des über seine Laptops gebeug­ten Kognitariats. Zeit für eine geistliche Inspiration, denke ich, und greife zu iPhone und Kopfhörer. Mal sehen, was meine Kirche mir heu­te für den Tag anbietet. Die App, die ich aufrufe, heißt einfach „iPray“, und das sich öffnende Portal ist großartig. Ich kann da wählen zwischen den Rubriken „Liturgisches Jahr“, „Stundengebet“, „Klassi­sche Grundgebete“, „Lebensweisheiten von Heiligen“, „Beten mit der Bibel“, „Worship“, „Rosenkranz/Jesusgebet“ und sogar „Beten mit den Weltreligionen“.

Jede Rubrik erschließt mir einen ganzen Kosmos reicher Gebetseinla­dungen. […] Jeden Tag ist das Angebot anders, neu, frisch – und ich finde immer einen Weg, ins Gebet zu kommen.

[…] Ich kann's nicht anders sagen: Nach einer solchen spirituellen In­jek­tion, diskret im ICE, Büro, Stau, Flieger, Café oder sonst wo, fühle ich mich gut versorgt. Meine Kirche ist klug, denke ich: Sie weiß, dass ich viel unterwegs bin. Sie weiß, dass Beten heute schwerfällt. Sie weiß, dass geistliches Leben in sehr verschiedenen Stilen und Formen vollzogen werden kann. Und sie nutzt die Neuen Medien, um mich gut zu unterstützen.

Eine App mit den weit gefächerten Möglichkeiten wie hier beschrieben existiert so (noch?) nicht. Vieles davon aber gibt es zumindest ansatz­weise schon – allerdings nicht in einer App vereint, sondern jeweils ein­zeln verwirklicht. Schrift- und Gebetstexte sowie geistliche Impulse in verschiedenen Formen können ebenso in einer App bereitgestellt werden wie unterstützende Funktionen, etwa Erinnerungsfunktionen für Ge­bets­zeiten oder Meditationstimer. Die Nutzer*innen können zudem zu einer Online-Community verbunden werden.

Erste einfache Apps mit spirituellen Angeboten wie Sammlungen von Ge­betstexten oder Diensten, die täglich das Tagesevangelium bereit­stellen, entstanden in mehr oder weniger privater Initia­tive; in den App-Stores finden sich sowohl kostenlose als auch kommerzielle, oft mehrsprachig (und bisweilen schlecht übersetzt) von internationalen Anbietern. Mittlerweile gibt es jedoch bereits eine ganze Reihe von Apps, die in­stitutionell verantwortet werden. Neben Bistümern und Institutionen wie dem Deutschen Liturgischen Institut sind häufig auch Orden und geistliche Gemeinschaften Anbieter von Apps.

Jenseits des spirituellen Bereichs sind noch viele Möglichkeiten offen. Katechetische Inhalte könnten als App angeboten werden. Ein Firmkurs in Form einer App wäre durchaus denk­bar; Apps, die die Firmvorbe­rei­tung organisatorisch und zum Teil auch inhalt­lich begleiten, werden von einzelnen Gemeinden bereits eingesetzt. Auch Serviceangebote für Gläu­bige in bestimmten Lebenssituationen (z. B. zur Vorbereitung von Kasualien) bzw. für haupt- und ehrenamtliche Mitarbei­ter*innen kön­nen in dieser Form realisiert werden.

Einige Beispiele interessanter Apps und Anwendungsmöglichkeiten

Wohl am erfolgreichsten und bekanntesten ist mit über 80.000 Installa­tionen die Stundenbuch-App (Katholischer Presse­bund/Deut­sches Li­turgisches Institut, 2013), die für jeden Tag die Texte des Stundengebets und die Tages­lesun­gen bietet und so das Stundenbuch – zumindest für unterwegs – weit­gehend ersetzen kann. Eine Erinnerungsfunktion kann auf Wunsch für alle Horen auf frei wählbare Zeiten eingestellt werden.

Die Bibel in der (alten) Einheitsübersetzung ist als kostenpflichtiges Angebot und nur für iOS verfügbar (Katholisches Bibelwerk, 2011); ob, wann und wie die neue EÜ als App veröffentlicht werden soll, ist noch nicht bekannt.

Die App Gott offen (Erzbistum Köln, 2016) enthält neben Grundgebe­ten und Gebetstexten für ver­schie­dene Lebenssituationen auch gespro­chene Anleitungen zum Anhören für einen Tagesrückblick nach Art des ignatiani­schen „Gebets der liebenden Aufmerksamkeit“ sowie Impulse für Exer­zitien im Alltag, die von einem persönlich wählbaren Startter­min an Tag für Tag freigeschaltet werden. Zusätzlich gibt es einen Timer für Meditationszeiten.

Ein umfangreiches Spektrum von Möglichkeiten bietet die auf eine eher junge Zielgruppe ausgerichtete App2Heaven (Gemeinschaft Emmanuel e. V., 2016) an. Ein Plan für Gebetszei­ten kann erstellt und seine Einhal­tung protokolliert und überprüft werden; es ist möglich, Gebetsanliegen und Glaubens­er­fahrungen zu notieren. Geistliche Impulse geben Anre­gung zum Gebet. Aus dem Glauben moti­vier­te Entscheidungen, Vorsät­ze und Taten können no­tiert werden. Die Beichte ist mit zwei Modellen zur Gewissenserforschung und einer ver­schlüsselbaren Notizmöglichkeit im Blick. Die App bietet auch die Möglichkeit, Erfahrun­gen, Gebetsanlie­gen und Gedanken mit anderen Nutzer*innen, die zu den eigenen Kon­tak­ten gehören, zu teilen und so eine Gebetsgemeinschaft zu bilden.

Die internationale App Click to Pray (Pope’s Worldwide Prayer Net­work/Gebetsapostolat, 2016) gibt für jeden Tag drei kurze Gebetsanre­gungen für verschiedene Tageszeiten, stellt die Gebetsanliegen des Papstes vor und bietet eine Gebetswand, an der Anliegen hinterlas­sen werden können. Wer ein bestimmtes Gebet oder Anliegen aufnimmt, bestätigt das durch einen Klick, so dass sichtbar wird, von wie vielen Betern ein Anliegen mitgetragen wird. Die App ist derzeit auf Englisch, Spanisch, Französisch und Portugiesisch verfügbar.

Die freikirchlich verantwortete, aber ökumenisch offene App Amen.de (SCM Bundesverlag, 2015) erweitert diesen Gedanken der fürbittenden Gebetsgemeinschaft um die Möglichkeit der (moderierten) Kommuni­ka­tion zwischen den Betern und dem, der um Gebet bittet. Men­schen, die bereit sind, für andere zu beten, melden sich als Mitbeter*innen an. Wer andererseits für ein Anliegen beten lassen möchte, kann dieses – auf Wunsch völlig anonym – über die App mitteilen. Den Mitbetern wer­den bestimmte Anliegen zugeteilt; sobald sie für ein Anliegen gebetet haben, bestätigen sie dies über die App und haben die Gelegenheit, dem, der ums Gebet bittet, eine „Ermutigung“ zu schreiben. Dieser hat die Gelegenheit, den Betern ein Update zu seinem Anliegen zu geben.

Als herausragendes internationales Beispiel für eine App mit täglichen geistlichen Impulsen sei die englischsprachige App Pray as you go (Jesu­it Media Initiatives, 2014?) genannt. Sie bietet eine tägliche igna­tia­­nisch geprägte Schriftmeditation jeweils zu einem der liturgischen Tagestexte in Form eines aufwändig produzierten Hörstücks. Zusätzlich gibt es weitere Gebete in Au­dioform, so den ignatianischen Tagesrück­blick und den Rosenkranz. Das Angebot existiert auf der Website und als Podcast bereits seit mehreren Jahren, ist durch die App aber für Mobil­ge­räte besonders einfach nutzbar geworden.

Die DOCAT-App (Österr. Bischofskonfe­renz/YOUCAT-Foundation, 2016) ist als App mit katechetischem Charakter ein Beispiel für den pa­sto­ralen Einsatz einer App außerhalb des spirituellen Bereichs. Der DOCAT, nach eigener Definition „eine populäre Übersetzung der Sozial- und Gesellschaftslehre der Katholischen Kirche“ ( so die Informations­sei­te innerhalb der App) und besonders für junge Men­schen gedacht, ist als Buch erschienen, aber auch in Form dieser App erhältlich. Zu jedem Ka­pitel gibt es ein Quiz, mit dem die Inhalte abgefragt und kurz und knapp wiederholt werden können. Außerge­wöhnlich ist hier, dass zwar die App selbst wie alle hier vorgestellten Beispiele kostenfrei angeboten wird, der Großteil des Inhalts jedoch nur für einige Tage nach der Vor­stel­lung der App während des Weltjugendtags 2016 frei erhältlich war und mitt­lerweile gekauft werden muss.

Als Service- und Impulsangebot richtet sich JA ICH WILL (Bistum St. Gallen, 2015) an junge Paare und verbindet Hilfen zur Vorbereitung des Traugottesdienstes mit Impulsen zur gelingenden Partnerschaft.

Und schließlich eine App als Service für Ehrenamtliche in der Jugend­pastoral: die Julei-App (Bistum Essen, 2016) bietet Informationen und Hilfen für die Gestaltung und Durchführung von Gruppenstunden und Jugendfreizeiten.

Fazit

Apps für Mobilgeräte geben kirchlichen Anbietern vielfältige Möglich­keiten, Menschen mit geistlichen und katechetischen Inhalten sowie Serviceangeboten in ihrem mobilen Alltag zu begleiten. Während sich geistliche Angebote sowohl über Messengerdienste als auch in Form eigener Apps bereits gut etabliert haben, sind andere Inhalte noch etwas schwächer vertreten; die genannten Beispiele zeigen jedoch auf, dass es dazu durchaus Anwendungsfälle gibt.

Bei Verwendung von Messengerdiensten reihen sich die spirituellen Im­pulse als knappe Gedankenanstöße für „zwischendurch“ direkt in die Alltagskommunikation mit Freunden, Familie usw. ein. Eigene Apps müssen aktiv aufgerufen werden und eignen sich daher besser für Inhalte, die eine bewusst gesetzte, etwas längere Gebets- oder Meditationszeit gestalten helfen.

Viele der vorgestell­ten Apps sind noch zu jung, um ihren Erfolg zu beur­teilen; die Stundenbuch-App zeigt je­doch, dass nicht wenige Christen grundsätzliches Interesse an spirituellen und kirchlichen Angeboten für Smartphone oder Tablet haben – und, wie die Rückmeldungen zu dieser App zeigen, sie auch tatsächlich nutzen.

---

Die hier – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – vorgestellten Beispiele ge­ben den Stand im November 2016 wieder; auf unserer Website internetseelsorge.de unter dem Stichwort „Apps“ wird die Sammlung ständig ergänzt und weitergeführt.