Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
Alexander Gerst sprach Ende 2014 – nach einem halben Jahr auf der Raumstation ISS wieder zurück auf der Erde – im Interview von seinem Blick vom Weltall aus auf den blauen Planeten. Er war nicht der erste und nicht der einzige Astronaut, dem die Schönheit, die Kleinheit und die „Zerbrechlichkeit“ der Erde aus der anderen Perspektive besonders deutlich wurde; er hat aber wohl am eindrücklichsten davon berichtet. Wir haben diesen Blick „von außen“ in unserem Titelbild wiedergegeben. Es sind nicht nur der durch Schadstoffemissionen verursachte Klimawandel, die Verringerung der schützenden Ozonschicht, die Schutzbedürftigkeit von Arten, Wasser, Luft und Boden, sondern es sind Hungersnöte, Krankheiten und politische und wirtschaftliche Entwicklungen, die zu Herausforderungen für das Zusammenleben auf dem Blauen Planeten werden. Mehr als früher wird den Menschen bewusst, dass sie in einem gemeinsamen Haus leben, in dem die Angelegenheiten immer mehr miteinander verknüpft und die Ressourcen oft endlich sind. Also muss dieses Haus auch gemeinsam und vernetzt gestaltet und die Kommunikation und das Zusammenleben zum Wohl möglichst vieler gestaltet werden.
Die Kirche ist sowohl ein globaler wie auch auf verschiedenen Ebenen ein kontinentaler, nationaler, regionaler und lokaler Player der Weltgesellschaft. Das Konzil hat die Kirche als das universale Heilssakrament gesehen, das den grenzenlosen Willen Gottes darstellt und umsetzt, um dazu beizutragen, dass möglichst vielen erfülltes, gelingendes Leben ermöglicht wird. Wie Christen also von ihrem Glauben her das (Zusammen-)Leben regeln und realisieren, hat etwas mit der Solidarität mit anderen und der gemeinsamen Verantwortung für menschenwürdiges Leben, Gerechtigkeit und nachhaltige Zukunftsperspektiven zu tun. Globale Herausforderungen: ein Thema für die Pastoral? Wir meinen: ja! Es wird immer mehr deutlich, dass lokales Handeln (oder Unterlassen) Auswirkungen auf globale Vollzüge hat. Papst Franziskus hat in der Enzyklika Laudato si’ die Handlungsfelder benannt. Eine ganzheitliche Ökologie umfasst seiner Meinung nach neben Umweltverantwortung auch politische und ökonomische Konzepte, die zu mehr Beteiligung und alternativen Lebensstilen führen können.
In der KAMP haben wir mit Klimawandel, globaler Gerechtigkeit, Digitalisierung, Migration und (Rechts-)Populismus einige wesentliche globale Herausforderungen identifiziert, die für die Pastoral auf verschiedenen Ebenen Bedeutung haben. Hinzu kommen in dieser Ausgabe Akzentsetzungen zum kirchlichen Diskursbeitrag zur Bewahrung der Schöpfung: über Postwachstum und Kapitalismuskritik sowie über die Missionserklärung des Ökumenischen Rates der Kirchen. Wir haben Fachleute um Klärungen und Einschätzungen gebeten. Nicht, dass es gleich eine unmittelbare Handlungsoption für Pastoral vor Ort gäbe; vielmehr geht es zunächst um Schärfung des Bewusstseins und dann um kontextuelle Lösungsansätze, die vor Ort entwickelt und umgesetzt werden müssen. Auf jeden Fall wurde uns in der Befassung mit der Thematik deutlich: Globale Herausforderungen fordern uns auch in unserem Christsein und Kirchesein heraus. Sie müssen mit auf die Agenda kirchlicher und pastoraler Entwicklung. Sie sind Teil der kirchlichen Sendung.
Wir vom Team der KAMP wünschen Ihnen eine anregende und ertragreiche Lektüre.
Es grüßt Sie herzlich aus Erfurt
Ihr