Editorial
Liebe Leser,
die Heilige Schrift wird in diesen Tagen wieder häufiger zu hören und zu lesen sein, nicht zuletzt in den Lesungs- und Evangelientexten in den Advents- und Weihnachtsgottesdiensten. Damit tritt die Bibel selbst zugleich als ein bedeutender Faktor einer missionarischen Pastoral in den Fokus. Die Schrift selbst muss in ihrer Funktion als Inspiration und Animation der Pastoral neu in den Blick kommen. Das Zweite Vatikanische Konzil mahnt, den Gläubigen den Tisch des Wortes reicher zu decken, die Schrift als „Seele der ganzen Pastoral“ zu fördern (DV 24). Nicht von ungefähr ist festzuhalten, dass bei vielen kirchlichen Aufbrüchen und pastoralen Innovationen die Schrift einen bedeutenden Platz einnimmt. Die Bibel ist eine grundlegende Sprach- und Erfahrungsschule des Glaubens.
Aus verschiedenen Perspektiven soll daher in der letzten Ausgabe von εὐangel im Jahr 2014 das Verhältnis zwischen Bibel und Mission reflektiert werden. Zunächst kommt hierbei die Schrift selbst in den Blick. Den Beginn macht Hubertus Schönemann, der unter dem Johanneswort „Damit sie das Leben haben“ (Joh 10,10) das Evangelium, verstanden als die einladende Selbsthingabe Gottes an die Menschen, als einen „roten Faden“ der gesamten Schrift zu destillieren sucht. Christoph Bultmann reflektiert kritisch die Rede von einem neutestamentlichen „Missionsbefehl“, indem er „Dimensionen“ des Missionarischen aus einer Lektüre der biblischen Texte skizziert. Der Frage, inwieweit die Bibel ein Hindernis für den Glauben sein kann, geht Martin Hochholzer nach; er entdeckt dabei, dass die Bibel für einige auch Gründe gegen den Glauben liefert, andererseits aber Anfragen an den christlichen Umgang mit der Schrift stellt und so letztlich eine Chance eröffnet, über Bibel und Glaube ins Gespräch zu kommen. Eberhard Amon arbeitet das missionarische Potential der Liturgie als Ort für die Begegnung mit der Heiligen Schrift heraus, das erst das Zweite Vatikanum in dieser Fülle wieder zugänglich gemacht hat. Eine eigene Betrachtung verdienen kulturelle Begegnungsorte mit der Bibel. Paul VI. bezeichnete 1975 den Bruch zwischen Evangelium und Kultur in dem Apostolischen Schreiben Evangelii nuntiandi als „das Drama unserer Zeitepoche, wie es auch das anderer Epochen gewesen ist“ (EN 20). So beschreibt Norbert Feinendegen die Narnia-Geschichten von C. S. Lewis als Ort der Begegnung mit biblischen Themen. Einen biblischen Brückenschlag aus cineastischer Perspektive leistet Martin Ostermann. Markus-Liborius Hermann sucht abschließend den inneren Spannungen biblischer Missionstexte unter der Frage des sich ausweitenden Erbarmen Gottes für Israel und die Völker im Wirken Jesu und der Kirche nachzugehen.
In unseren fortlaufenden Rubriken werden diesmal als missionarisches Projekt „nebenan“ auf Rügen, eine FreshX der Evangelischen Kirche, und unter „Aktuelle Studie“ eine Untersuchung für das Bistum Rottenburg-Stuttgart vorgestellt. Außerdem finden Sie Berichte von interessanten und für eine missionarische Pastoral relevanten Tagungen und Rezensionen.
„Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden“ (Joh 1,10 f.) In diesem Sinne wünschen Ihnen die Redaktion und das ganze Team der Katholischen Arbeitsstelle für missionarische Pastoral ein gesegnetes Weihnachtsfest – und eine anregende Lektüre!
Ihr