Kirche. Evangelium. Zukunft. Umschlagplatz für pastorale Visionen
Fachtagung thematisiert Herausforderungen einer sich verändernden Kirche
Die Frage nach einer missionarischen Pastoral der Zukunft hat eine Fachtagung gestellt, die vom 21. bis 23. Oktober 2013 in Würzburg stattfand. Die Katholische Arbeitsstelle für missionarische Pastoral der Deutschen Bischofskonferenz (KAMP) und das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken haben sich drei Tage mit den Herausforderungen einer sich verändernden Kirche auseinandergesetzt. Die Tagung stand unter dem Leitwort „Kirche. Evangelium. Zukunft. Umschlagplatz für pastorale Visionen“. An ihr nahmen rund 70 pastorale Verantwortliche der Bistümer, darunter vier Seelsorgeamtsleiterinnen und -leiter, der Orden, geistlichen Gemeinschaften, Verbände und der Wissenschaft teil, um sich über ihre Erfahrungen, Zielsetzungen und pastoralen Visionen auszutauschen und diese gemeinsam für die weitere pastorale Arbeit fruchtbar zu machen.
Bereits seit längerem werden in vielen Bereichen der katholischen Kirche in Deutschland neue Formate, Blickwinkel und Haltungen der Pastoral erprobt, die durch eine sich stets verändernde Gesellschaft bedingt sind. Dieser Wandel wird von den deutschen Bischöfen seit dem Dokument „Zeit zur Aussaat“ (2000) unter dem Paradigma „Missionarisch Kirche sein“ begriffen. Im Prozess der Transformation, in dem sich Kirche und Pastoral derzeit befinden, gewinnt die Kommunikation, Bündelung und Reflexion der sehr unterschiedlichen Erfahrungen in der Pastoral eine entscheidende Bedeutung.
Von einer „Pastoral des Vertrauens“ bis zum „Feldlazarett“
Aus der Vielzahl der diskutierten Themen sollen hier einige exemplarisch genannt sein: Für Anne Rademacher, Seelsorgeamtsleiterin des Bistums Erfurt, ist deutlich, dass ein Perspektivwechsel von einer zentral geplanten, gesteuerten und kontrollierten Pastoral hin zu Prozessen der Ermöglichung der Pastoral vor Ort nötig sei. So führt eine solche „irreversible Unüberschaubarkeit“ (R. Bucher) auch zu einer „Pastoral der Vorläufigkeit“, aber nicht der Beliebigkeit. Dabei spielen neben den herkömmlichen Gemeinden auch so genannte „neue Orte“ eine zunehmend größere Rolle. So sucht beispielsweise das Erzbistum Hamburg unter der Überschrift „Orte kirchlichen Lebens“ Räume, die „die nicht im klassischen Sinn gemeindlich strukturiert oder nur auf eine bestimmte Zeit hin angelegt sind“. Gemeindebildung geschehe mehr und mehr unter anderen Vorzeichen. In diesem Zusammenhang meldeten die Geistlichen Gemeinschaften sich mit dem Wunsch zu Wort, stärker wahrgenommen und in die Pastoral der Bistümer einbezogen zu werden. Darüber hinaus sei eine stärkere Vernetzung und Verbreiterung pastoraler Erfolgsgeschichten notwendig, die zukünftig u.a. durch eine eigene Internet-Plattform geleistet werden soll.
Grundsätzlich bedürfe es einer „Pastoral des Vertrauens“, die unter anderem in einem Miteinander verschiedener Verantwortungsträger zum Ausdruck kommt. In diesem Kontext wurde in Würzburg vielfach die Frage nach dem aus Taufe und Firmung erwachsenden Sendungsauftrag der Laien zur Sprache gebracht, der zusammen mit dem der Priester gleich-ursprünglich in Christus wurzelt – vor aller Ausdifferenzierung sind alle Glieder des Volkes Gottes gleich. „Subjekte“ der Seelsorge sind somit alle Christen, womit auch die sich verändernden Rollen der Hauptamtlichen und ein geistliches Training der Multiplikatoren in Blick kommen. Diese Erfahrungen konkretisierten sich u.a. in Berichten über Teams gemeindlicher Leitung, wie sie aus dem Bistum Hildesheim bekannt sind.
Zukünftig wird auch auf der Klärung und Evaluation pastoraler Qualitätskriterien ein besonderes Augenmerk liegen müssen. Ausgehend von soziologischen Modellen könnten für die Pastoral „Erfolgskriterien“ bestimmt werden, die sich u.a. auf die gesellschaftliche (outcome), die objektive (effect) und die subjektive (impact) Wirkung bei verschiedenen Gruppen (Kath. Kirche, Pfarrei, Veranstaltungsteilnehmer, Gesamtgesellschaft etc.) beziehen.
Als ein letztes Schlaglicht soll die durch das von Papst Franziskus stammende Stichwort „Feldlazarett Kirche“ angestoßene Debatte genannt sein. Hier wurde das Wagnis der eigenen Verwundbarkeit und der kirchlichen Ansprechbarkeit in „Notfällen“ diskutiert. So wie ein Feldlazarett zunächst für alle Menschen da ist, so ist auch die Kirche für alle da, sie ist ein Ort, wo Menschen sich als verwundete zeigen können.
„Wir als Bonifatiuswerk fühlen uns in unserem Anliegen bestärkt, gerade auch missionarische Projekte als lebendige Bausteine einer sich verändernden Kirche mit zu unterstützen. Die Fachtagung hat eine sehr vertrauensvolle Offenheit aller Teilnehmer gezeigt und in aller Ungleichzeitigkeit und Verschiedenheit wichtige Aspekte deutlich gemacht, wie die Zukunft der Kirche aussehen kann. Wir werden sicherlich einige Anstöße aufgreifen, um auch in Zukunft eine lebendige Kirche mitzugestalten“, sagte Monsignore Georg Austen, Generalsekretär des Bonifatiuswerkes. Der Leiter der KAMP, Hubertus Schönemann, zog das Fazit: „Die Pastoral der Kirche wird sich zukünftig daran entscheiden, ob sie nicht primär den institutionellen Bestand der Kirche und seine Sicherung zum Ziel hat, sondern ob sie den Mut hat, das Evangelium Gottes vom Leben der Menschen, von ihren Hoffnungen und Sehnsüchten her neu zu erschließen. Wir brauchen auf verschiedenen Ebenen verstärkt den ekklesiologischen und pastoraltheologischen Austausch über Fragen, durch wen, wo und wie sich Kirche realisiert. Für solche Diskurse will die Arbeitsstelle weiterhin Räume bereitstellen.“
(Dieser Text verwendet die Pressemeldung Nr. 180 der DBK vom 24.10.2013.)