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Heute gehen wir in den Zoo

Eine Themaverfehlung

Birgit Hoyer weist darauf hin, dass das Leben unter den Bedingungen der post­modernen Moderne für alle Menschen, egal ob Christen oder Nichtchris­ten, von Ungleichzeitigkeiten, Brüchen und Spannungen radikaler Diversität geprägt ist. Sie gibt Beispiele, wie unter diesen Bedingungen Nachfolge Jesu aussehen könnte, die Wandlungsfähigkeit und Offenhalten für den Gott des Karfreitags erfordert.

Zum Thema „Glauben in Säkularität“ soll dieser Beitrag eine weitere pastoraltheologische Entdeckungstour in unsere säkulare Gesellschaft beisteuern. Doch zunächst sei die Frage erlaubt: Wer soll hier eigentlich was entdecken? Ein Pastoraltheologe, selbstverständlich seiner Profes­sion wegen ein Mensch mit Gott (MmG), begibt sich auf eine Entdecker­tour in die säkulare Welt der MoGs, der Menschen ohne Gott? Und ist der Pastoraltheologe gar eine Frau, damit des Priesterlichen unverdäch­tig und noch mehr – von Geschlecht wegen – per se das Andere an sich in Kirche und Theologie, verspricht man sich von Seiten der Herausge­ber dieser Zeitschrift einen besonderen Kick, die Faszination eines Zwit­terwesens – wesenhaft säkular und gottsuchend zugleich. Als ob die Welt, und sei sie säkular, so einfach wäre. Eine Pastoraltheolo­gie, die es sich so einfach macht, ist jedenfalls alles andere als eine Pastoraltheolo­gie. Aber auch eine Kirche in diesen postmodern-modernen Bezügen kann sich nicht als solche bezeichnen, wenn sie sich außerhalb der Kä­fig­stangen platziert. Sie haben richtig gelesen, die angesuchte Entde­ckungstour ähnelt wohl eher einem Zoobesuch. MmGs schauen sich eines schönen Sonntagnachmittags mal an, wie MoGs, Menschen ohne direkte religiöse oder kirchliche Bezüge sich verhalten, leben. Und noch eins drauf gesetzt, sonst würde man sich als MmG nicht wirklich wohl­fühlen können, sich seiner eigenen sicheren Identität nicht gewahr wer­den können, natürlich muss das beobachtete Fremde, das ganz Andere der MoGs von der eigenen Tradition her gedeutet werden. Der Beitrag soll die Frage beantworten: Was können wir von Menschen in der Säku­larität lernen? Was können wir MmGs von MoGs, was können wir Men­schen außerhalb der Säkularität von Menschen in der Säkularität ler­nen? Welch ein Segen, dass es Käfige gibt, die uns helfen, Außen und Innen klar zu definieren, und uns mit Stangen davor schützen, in Ver­wirrung ob unserer Position zu stürzen. Klare Grenzen verschaffen klare Sicht.

Diesem bewährten Prinzip der katholischen Kirche folgt auch ihre durch die jüngste Ankündigung einer Umfrage zu Ehe und Familie signalisier­te Öffnung. „Der Auftrag, das Evangelium allen Geschöpfen zu verkün­­den, wurde den Jüngern vom Herrn selbst anvertraut, und die Kirche ist Trägerin dieses Auftrags in der Geschichte. In der Zeit, in der wir leben, stellt die klar erkennbare soziale und spirituelle Krise eine pastorale Herausforderung dar, die den Evangelisierungsauftrag der Kirche im Hinblick auf die Familie, lebensnotwendige Keimzelle der Gesellschaft und der kirchlichen Gemeinschaft, betrifft. […] die erste Etappe, […] ist darauf ausgerichtet, den ‚status quaestionis‘ zu erfassen sowie Zeugnis­se und Vorschläge der Bischöfe zu sammeln, um das Evangelium für die Familie glaubwürdig zu verkünden und zu leben.“ (Vorbereitungsdo­ku­ment zur Bischofssynode)

Die Käfiggrenzen werden mit diesen Einleitungssätzen klar gezogen. Doch grüblerische Zwitterwesen – Zoobesuchen eher abgeneigt – könn­ten der irrigen Ansicht sein, der Fragebogen hätte hier bereits ohne Ein­leitung begonnen. Wer sind die Jünger, denen Jesus das Evangelium an­vertraut? Wer ist Kirche? Wer ist Familie? Ist die Krise dieser Familie die Ursache für die soziale und spirituelle Krise? Könnten die sozialen Kata­strophen und Bankrotterklärung der Menschlichkeit durch die Behe­bung der Krise der Familie verhindert werden? Ist die Krise durch Ver­kündi­gung zu bewältigen? Was unterscheidet eine pastorale von einer menschlichen Herausforderung? Was ist ein Evangelisierungsauftrag? Was können Bischöfe sammeln, um das Evangelium für die Familie glaubwürdig zu verkünden und zu leben?

Das Prinzip der klaren Grenzen bewährt sich nicht nur im Handeln der katholischen Kirche, sondern auch in der Arbeit von Meinungsfor­schungs­instituten, besonders in der Kollaboration von Instituten und Kirche. Wie gut, dass vor einigen Jahren Sinus-Milieus entdeckt wur­den. Nun lässt sich endlich vieles erklären, z.B. lässt sich jetzt der Anteil von Katholiken an Sinus-Milieus festlegen, MmGs lassen sich differen­zier­ter betrachten – als MmkG. Identifizierbar ist diese Spezies ganz einfach: katholisch getauft, nicht ausgetreten. Mit Sinus wächst die Hoffnung, dass die Kirche die richtigen Schlüsselwörter und das adä­quate Mobiliar findet, damit MmkGs auch MmkGs bleiben.

Es könnte alles so schön und so schön einfach sein. Das Vertrackte an unseren postmodern-modernen Zeiten und Lebensverhältnissen ist allerdings, dass sie sich nicht an Käfiggrenzen halten und es auf Fragen nicht nur eine Antwort gibt. Die Käfigtüren sind offen, die Stangen auf­gebogen und die Anhänger der Käfighaltung beklagen die Zerstörung, den Verfall der Ordnung. Es ist die verquere Umdrehung: nicht die Auf­lösung der Verhältnisse, sondern die Umdrehung des Gedärms, die nichts lässt wie es war, die keine andere Chance bietet, als offen zu sein, ständig und grundsätzlich wandlungsfähig zu sein, um nicht auszu­trock­nen, zu erstarren in der selbstgewählten Isolation. Das Leben in den Möglichkeiten, Widersprüchen, Ungleichzeitigkeiten, Brüchen und Spannungen radikaler Diversität ist die Herausforderung für MmGs und MoGs in allen konfessionellen, religiösen und kulturellen Färbungen und Querschnitten, und es lässt kein Ausweichen in ein konstruiertes geordnetes Außen zu.

Magnus Striet findet dafür den Begriff der entsicherten Welt, die in kei­ner außergewöhnlichen Krise steckt, sondern in völliger Normalität. „Mit der Reflexivität [des modernen Individuums], die auch das ge­schicht­liche Selbstverständnis einer Epoche als historisch geworden relativiert, verliert alles seine Selbstverständlichkeit.“ (Dokumentation Tagung „Wohin ist Gott?“ – Striet) Für ein Leben mit Gott in dieser post­modern-modernen Welt zieht Striet in Konsequenz aus den Bedingun­gen entsicherten Denkens Bonhoeffer hinzu: Gott zwingt uns, so in der Welt zu leben, als ob es ihn nicht gäbe. Das „Wir“ trennt eben nicht län­ger MmGs von MoGs, „wir“ sind alle in der Unausweichlichkeit postmo­derner Moderne. Unter dem Stichwort „Religion in der Postmodernestellt der Soziologe Michael Hochschild im gleichen Kontext klar: „Die moderne Gesellschaft steht nicht einfach in einer Anpassungskrise, sondern in einer Systemkrise: Die Gesellschaft erfindet sich gerade neu. Das sei zu bemerken am Systemversagen in den verschiedensten Berei­chen: Die Geldwirtschaft vernichtet sich selbst, die Politik schafft sich bei dem Versuch, hier zu retten, fast selbst ab. Das Bildungs- und Erzie­hungssystem versagt immer mehr. In dieser Systemkrise verändert sich auch die geistige Architektur. […] Hier können stets verschiedene Zu­stän­de gleichzeitig gegenwärtig sein: die Gesellschaft kann ihre Säkula­ri­sierung sowohl herausstellen als auch in den Hintergrund schieben.“ (Dokumentation der Tagung „Wohin ist Gott?“ – Hochschild) „Die Ge­sell­schaften dieser Welt befinden sich einem umfassenden Transfor­ma­tionsprozess, der allerdings nicht von einer Zeitepoche in die nächste, von einem niedrigeren zu einem höheren Entwicklungsstand führt, sondern der als Zustand permanenter, immer komplexer vernetzter Transformation wahrgenommen werden muss.“ (Pieper 2008, 4)

Kein Thema spiegelt die Herausforderung, Diversität zu leben, Gott in Diversität zu glauben, so transparent und eindrücklich wider wie Inklu­sion. „In dem Bereich [der formalen Bildung], der durch die soziale und kulturelle, mithin kontingente Unterscheidung zwischen Behinderung und Nicht-Behinderung strukturiert ist, ist durch die Autorität der UN-Be­hindertenrechtskonvention [UNBRK] das vermeintlich Allgemei­ne als eine allgemeine Krisengestalt deutlich geworden. Die vornehm­lich in den letzten zwei Jahrzehnten formulierten Rechte der Gleichstel­lung, insbesondere die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonven­tion, haben einen umfassenden Aktionsrahmen für Menschen mit soge­nannten Behinderungen geschaffen, der sozialstrukturelle Ungleichbe­handlung durch öffentlich wirksame Thematisierung ins Bewusstsein der politischen Auseinandersetzung rückt. Gesellschaftliche Diskrimi­nie­rungs- und Benachteiligungsstrukturen und institutionelle Hand­lungspraktiken, die daraus erfahrenen Begrenzungen und Beschrän­kungen von Menschen, sind unter dieser Perspektive mit einem sozial­politischen Auftrag verknüpft. ‚Menschen mit Behinderungen nicht länger als Objekte zu sehen, die des Mitleids und der Fürsorge bedürfen, sondern als Subjekte, die selbstbestimmt alle Menschenrechte […] selbst verwirklichen können sollen‘, dies benennt Marianne Schulze, die Vorsitzende des österreichischen Monitoringausschusses zur Umset­zung der UNBRK, als die zentrale Kernaussage der Konvention.“ (Hazibar / Mecheril 2013) Wie schwer sich Regierungen, Ministerien, Verwaltungen mit der praktischen Ratifizierung der Konvention tun, zeigt allein die Fokussierung der UN-Vorgabe auf den Bereich der Bil­dung. Die Schule wird als bevorzugter Ort ausgemacht, der nun inklusiv zu gestalten ist. Alle übrigen gesellschaftlichen Orte wähnen sich post­wendend auf der sicheren Seite. Das Thema ist verortet und damit ohne Relevanz für andere gesellschaft­liche Felder oder gar das gesellschaftli­che Bewusstsein im Gesamten. Selbst am Ort ‚Schule‘ wird das Thema in engen Grenzen gehalten, jede Analogie des Ausschlusses von Men­schen mit Beeinträchtigungen zu anderen Ausschlüssen – von Men­schen mit Migrationsgeschichten, von Men­schen weiblichen Ge­schlechts, von Menschen mit homosexueller Orientierung, von Men­schen aus wirtschaftlich ruinierten Regionen, von Menschen nicht-weißer Hautfarbe, von Menschen niedriger sozialer Herkunft, von Menschen ohne Erwerbsarbeit etc. wird ausgeschlossen. Hier kommen Pastoraltheologie und Kirche wieder ins Spiel, Menschen, die sich der Nachfolge Jesu Christi verschrieben haben und deswegen lange vor der UN-Behindertenrechtskonvention, lange vor der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zu radikal inklusivem Denken und Handeln ver­pflich­tet wurden. Welchen Grund könnte es in dieser Tradition, in der Verpflichtung auf das Evangelium geben, Menschen von den göttlichen Heilzusagen auszuschließen? Welchen Grund könnte es geben, Men­schen nicht die Heilszeichen Gottes in die Hand zu geben, damit sie heilen, Heilung verschwenden?

Entdeckungstouren zu inklusiven Inseln bietet die EU-Comenius-Regio-Partnerschaft zwischen dem Schulbezirk Landeck/Tirol und dem Land­kreis Kitzingen in Unterfranken zur Wirkmächtigkeit personalisierten Lernens. Entdeckungen sind Lehrpersonen – und hier trifft der österrei­chische Begriff für Lehrkräfte den Kern, denn es geht um Persönlichkei­ten – mit ihren Überzeugungen und ihrer Kunst des Unterrichtens wie der Lehrer, Lerndesigner und stellvertretende Schulleiter der Neuen Mit­telschule in Fließ, Gerhard File. Mensch für junge Menschen zu sein, ist das Credo Files, das sich in Struktur und Konzept seines Unterrichts, vor allem in seiner persönlichen Präsenz abbildet. „Ich wünsche mir, dass Schüler, wenn sie einen Ansprechpartner brauchen, wenn sie etwas wissen, et­­was lernen wollen, wenn sie etwas interessiert, den Lehrer suchen, der ihnen passt – und da ist es egal, ob das der Matheleh­rer oder der Religionslehrer ist. Ihr Thema, ihr Bedürfnis und nicht der Fächerzuschnitt ist entscheidend.“ Vielseitigkeit und Vielfalt in der ei­genen Person sind wohl die Bedingung für ein ständiges Nähern an einen radikalen Respekt dem Anderen gegenüber, damit Lernen fern von Bloßstellungen, Ausgrenzen und autoritärer Befehlsunkultur ge­lingt. Gerhard File ist Bauer, Regionalentwickler, Autor und Regisseur – aktuell des Weihnachtsstücks der Schule, in dem er die Weihnachtsge­schichte kurzerhand in den Kontext der NSA-Affäre verlegt. Zu seinem Selbstverständnis und seiner Rolle als Lehrer schreibt er:

„Lernen ist Wachsen im Biotop des Lebens. Als Bio-Bergbauer im Tiroler Oberland bin ich seit meiner Kindheit mit dem Boden verwachsen. ‚Erwach­sen‘ im Sinne von ‚fertig gewachsen‘ werde ich wohl nie sein, weil alles Ler­nen immer wieder neue Herausforderung ist, dem Werden und Wachsen nachzuspüren. Karg ist er auf einer Höhe von über eintausend Metern, der Boden. Und wenn die dünne Humusauflage einmal zerstört ist, dann bleibt der nackte Fels zurück. Der Boden ist es, der mich fordert, der gedüngt und gepflegt werden will, um mir seine Fruchtbarkeit zu schenken.
Und ‚bodenständig‘ ist mein Grundsatz auch, wenn es um meine zweite Pro­fession geht: Als Lehrer an der Neuen Mittelschule Fließ darf ich daran teil­haben, wie SchülerInnen ihre Talente und Stärken erkunden und sie dabei unterstützen, lebenswichtige Kompetenzen zu erwerben: Wissen, das auf Verstehen und Einsichten gründet, Können, das praxistauglich ist und natür­lich soziale Kompetenzen, die ihre Wurzeln im sicheren Boden des Vertrau­ens und des Miteinander verankert wissen. Grundvoraussetzung für diese Arbeit am BIOTOP SCHULE ist die Geduld des Bergbauern, der das Wachsen und Reifen in der Natur beobachtet, die Ausdauer des Landwirts, aus seinem Boden das Beste herauszuholen und die Einsicht des gläubigen Menschen, dass sich nichts erzwingen lässt und dass im Leben ‚falsch‘ und ‚richtig‘ nicht immer als Maßeinheiten taugen. Das rechte Maß muss das Gespür dafür sein, welche Aufgabe für jeden einzelnen Schüler eine Herausforderung dar­stellt, ohne ihn zu überfordern oder zu langweilen. Als Lehrer wie als Land­wirt bin ich gefordert, alles dafür zu tun, dass ein Wachsen und Lernen mög­lich wird. Leistungsdruck und ‚Nachhilfe‘ sind hier ebenso fehl am Platz wie Pestizide und Kunstdünger auf meinem BIO-Bauernhof.
Auf einem extrem steilen Geländehang in unserem Obstgarten wachsen Spen­ling-Bäume. Keiner weiß, wer sie dort gepflanzt hat, und niemand weiß, woher die uralte zwetschgenartige Obstsorte kommt. Ein Migrations­hintergrund ist also nicht auszuschließen … Jedenfalls gedeihen Spenlinge heute nur noch im Tiroler Oberland, und die Marmelade aus dem sonnen­gel­ben Fruchtfleisch ist ebenso begehrt wie der hochprozentige Spenling-Schnaps. Wohl auch darum, weil die knorrigen, wild wachsenden Spenling-Bäume oft jahrelang keine Früchte tragen. Viele Bauern haben ihnen aus diesem Grund schon lange mit der Motorsäge den Garaus gemacht und sie durch ertragreiche Steinobstsorten ersetzt. Mir sind die urwüchsigen Bäume auf dem Steilhang zum Symbol für mein persönliches Credo als Päda­goge geworden: Ich freue mich über jeden einzelnen blühenden ‚Spenling‘ ganz besonders, weil das Seltene im Leben so kostbar ist, auch wenn es oft ganz unscheinbar wirkt. Inklusion im Sinn des Obstgartens erfreut sich am Wachsen aller Bäume und bietet Raum und Zeit für ungeahnte Früchte im Erntekorb des Lebens …“

Lehrerinnen begleiten im Bezirk Landeck SchülerInnen und Eltern in Trauerprozessen, der Pädagogikprofessor Paul Mecheril deckt die Ras­sis­men in unseren Alltagssprachwelten auf – er hatte auch die Idee zu MmMs (Menschen mit Migrations­hintergrund) und MoMs (Menschen ohne Migrationshintergrund) –, die viel mit Wir-Imaginationen zu tun haben, der evangelische Pfarrer von Rehau in Oberfranken kleidet seine Botschaften in Karikaturen und verkündet zusammen mit KünstlerIn­nen und PolitikerInnen, das Team der Katholischen Landvolkshoch­schule Niederaltteich hat den Pilgerweg Via Nova aufgebaut, Gemeinde­refe­rentinnen in der Erzdiözese Paderborn bieten Menschen vor allem im ländlichen Raum christliche Wegbegleitung an. Ihre Mondscheingot­tes­dienste an der Kreuzwegkapelle, die seit dem Sturm Cyrill weithin über die Berge Südwestfalens hin sichtbar ist, zogen hunderte Men­schen jeden Alters an und in ihren Bann, wie es die Überschrift über folgendem Bericht ausdrückte:

„Wormbach. Auch der 3. Mondscheingottesdienst, zu dem die christlichen Wegbegleiterinnen Monika Winzenick und Irmtrud v. Plettenberg eingeladen hatten, lockte zahlreiche Menschen zur Kreuzbergkapelle. Recht früh muss­ten die Wormbacher Dorfbewohner immer wieder die Wegbeschreibung zur Kapelle geben. An dem lauen Sommerabend, dieses Mal schon im richtig Dun­keln, trafen sich etwa 250 Menschen in der und rund um die Kapelle, in der Weihnachtsbaumkultur. Einige haben auch schon einen wunderbaren Sonnenuntergang bewundert. Bereits 30 Minuten vor Beginn genossen die Menschen die Zeit für Gespräche, aber eben auch Begegnungen mit Men­schen von nah und fern. Julia Gerbe intonierte auf ihrer Klarinette zwei fast für diesen Abend geschriebene Lieder: ‚Der Mond ist aufgegangen‘ und ‚Weißt du wieviel Sternlein stehen‘. Beide Lieder drückten in ihrem gebets­artigen Text die Stimmung vieler Menschen aus, der innige Gesang ließ das spüren. Nachdenklich resümierte eine Frau, was mag die vielen Menschen bewegen, nachts, im Dunkeln auf den Berg zu steigen? Für einige war es die besondere Atmosphäre beim Licht des Mondes, für andere war es der Blick in die Sterne, die jedes Dunkel auch im übertragenen Sinn beleuchten. Andere schätzen die Auswahl der Texte. Immer wieder hörte man auch die Freude über die zahlreichen Mitfeiernden, die in besinnlicher Atmosphäre den Tag ausklingen lassen wollten.“ (Pastoralverbund Dorlar-Wormbach, Mond­schein­­gottesdienst)

Es sind Menschen, die sich nicht in Käfige einordnen lassen und Men­schen nicht hinter Gitterstäben betrachten. Sie alle geben Antworten auf die Fragen: Wer sind Jünger? Wer ist die Kirche? Wie glauben in den säkularen Lebenszusammenhängen postmoderner Moderne?

Sie alle eröffnen durch ihre eigene Wandlungsbereitschaft und -fähig­keit potential spaces, in denen Wachsen und Wandlung für andere mög­lich wird. Wie könnte man die Nachfolge Jesu gelungener in unsere Zei­ten übersetzen, als durch dieses Offenhalten und Durchlässigwerden für einen Gott des Karfreitags, der sich nach Auferstehung ausstreckt, ohne ihrer sicher zu sein, für einen Glauben zwischen Schon und Noch-Nicht, der nie am Ziel ist, kein abschließendes Wort findet, schweigend schwebt.