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Konferenz der Internetseelsorge-Beauftragten 2014

Wie entwickelt sich die Kommunikation im Internet weiter? Wie ver­breiten sich Inhalte in Social Media – und was bedeutet das für die Inter­netseelsorge? Der Vortrag von Stefan Lesting zu Trends im Internet und ihren Auswirkungen auf die pastorale Arbeit im Netz bildete mit der an­schließenden Diskussion einen inhaltlichen Fokus der dies­jäh­rigen Kon­ferenz der Internetseelsorge-Beauftragten, die am 11. und 12. Juni in Köln stattfand.

Lesting, Pressesprecher und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Katho­lischen Jugendagentur Köln sowie Blogger und Berater in Sachen Inter­­net und Social Media, setzte einen Schwerpunkt bei der Frage, wie kirch­liche Botschaften und Angebote die Internetnutzer erreichen. Wie werden unsere Inhalte gefunden? So läuft die Kommunikation im Netz immer mehr über Kurzformen, Bilder und Videos, woran sich auch kirch­liche An­gebote orientieren; Suchmaschinen aber erfassen Texte und Stichwörter. Daher ist es hilfreich, Nichtverbales in passenden Text­content einzubauen und damit findbar zu machen. Auch Sprache und Begriffe sind entscheidend für die Findbarkeit: gibt der Internet­nutzer, der das sucht, was wir „Seelsorge“ nennen, dieses Wort in die Such­maschine ein oder beschreibt er das Gesuchte mit anderen Worten? Wie also müssen wir Seelsorge benennen und umschreiben, damit sie gefun­den wird?
Vor allem in den sozialen Netzwerken findet der Nutzer das, was ihn interessiert, weniger durch gezielte Suche als vielmehr durch das, was andere an Inhalten teilen: Was mich anspricht, gebe ich an meine Kon­takte weiter. Durch diesen sogenannten viralen Effekt verbreiten sich Inhalte weit über die eigene Reichweite des ursprünglichen Senders hinaus. Dies erfordert zunächst einen Inhalt (etwa ein Video), der so ansprechend ist, dass er zum Teilen einlädt – durch starke Emotio­na­lität, eine anziehende Ästhetik, Humor. Zuerst in Gang kommt die Verbreitung dann bei kommerziellen Inhalten oft durch gezielte, aber unauffällige Werbung, z. B. durch „sponsored posts“, die gegen Bezah­lung in den normalen Nachrichtenstrom eingebaut bzw. bevorzugt angezeigt werden; entscheidend ist danach – wie auch bei nicht finan­ziell unterstützten Inhalten –, dass Multiplikatoren sie teilen, deren Posts von vielen andern Nutzern verfolgt und gesehen werden. Diese „Influencer“, die die Verbreitung durch ihre Empfehlung an­schieben, fehlen der kirchlichen Kommunikation weitgehend.

An Internettrends sprach Lesting unter anderem an, dass bei Jugend­lichen Messaging-Apps mittlerweile Facebook als wichtigstes Kom­mu­nikationsmittel verdrängt haben, wobei Facebook meist nach wie vor regelmäßig genutzt wird. Kommunikation über Smartphone-Apps wie WhatsApp wird als geschützter und anonymer empfunden, zumal viele Jugendliche oft die Handynummer wechseln, was dann jeweils eine neue Identität im Messaging-System schafft. In diesem vermeintlich (technisch) sicheren Raum wird dann auch weitergegeben, was nicht öffentlich werden soll – die Gefahren durch Indiskretion von Personen werden allerdings oft übersehen.
Ein weiterer Trend ist die Entwicklung zum „Internet der Dinge“, das Möglichkeiten eröffnet, z. B. Geräte im eigenen Lebensraum mit dem Smartphone zu steuern, wodurch das Internet sich immer mehr auch außerhalb von Kommunikation mit dem Alltagsleben verzahnt.

Schließlich sprach Lesting Zukunftsperspektiven für die Internet­seel­sorge an. Er benannte drei Bereiche: zum einen die Präsenz und An­sprechbarkeit von haupt- und ehrenamtlichen Seelsorgern auf den Social-Media-Plattformen, die z. B. durch Weiterbildung und Ver­net­zung gefördert und begleiten werden sollte. Im Bereich der Spiritualität im Netz sind neue Formen der Begegnung, des Gottesdienstes, des Aus­drucks des Glaubens gefragt – dabei besteht eine Herausforderung darin, für Neues und Anderes offen zu sein, ohne die eigene Identität aufs Spiel zu setzen. Wichtig wird hier, nicht nur selbst bestimmte For­men zu setzen, sondern auch einen Rahmen zu bieten, in dem an­dere ihre Spiritualität frei ausdrücken können – und dabei auch vieles zu­zu­lassen, was nicht ins eigene Bild passt. Im Bereich der Internet­beratung könnten neben die Angebote persönlicher beratender Seelsorge im ab­ge­schlossenen Dialog auch Informationsangebote treten, die im öffent­lich lesbaren Bereich Fragen beantworten – ideal wäre ein zentra­ler Anlaufpunkt für alle Fragen um Glaube, Kirche und Spiritualität.

Ein generelles Problem für die kirchliche Kommunikation im Netz bleibt, dass es sozusagen keine Marke „Katholische Kirche“ gibt, mit der gearbeitet werden kann, sondern mit den Bistümern, Gemeinden, Ver­bän­den, Orden und weiteren Institutionen viele „Einzelmarken“, die – zumindest vom Standpunkt der Öffentlichkeitsarbeit aus gesehen – konkurrieren. Für den Nutzer dagegen ist es eher gleichgültig, aus wel­chem Bistum oder welcher Institution ein Projekt genau stammt, ihm reicht zur Einordnung zu wissen, dass die katholische Kirche da­hin­ter­steht. Gerade die Internetseelsorge bräuchte eher ein großes gemein­sames Dach, ist aber meist auf die Trägerschaft und „Marke“ einzelner Institutionen festgelegt.

Ein großer Teil des fachlichen Austauschs galt der Vorstellung ver­schie­dener Projekte, von denen hier nur einige beispielhaft genannt werden können.
Neu sind in diesem Jahr die Sommerimpulse, die mit den Sommerferien bewusst einmal eine andere Jahreszeit als die liturgischen geprägten Zeiten begleiten.
Bereits seit einigen Jahren gibt es Heaven on line: Impulse und Inter­net­exerzitien in der Fastenzeit. Neben einem täglichen „Blauen Brief“ per E-Mail mit einem ausführlichen Tagesimpuls gibt es die Möglichkeit, sich durch wöchentliche Mails von einer Weggefährtin oder einem Weg­gefährten begleiten zu lassen. Die Impulse greifen häufig Musikvideos, Werbung oder andere Inhalte aus der Popkultur auf. Binnenkirchliche Sprache wird konsequent vermieden. Mitinitiator Mirco Quint be­rich­tete von der Entstehung und Entwicklung des Projekts, das im Rahmen einer mobilen Jugendkirche begann und mittlerweile beim Exer­zitien­referat des Bistums Essen angesiedelt ist. In diesem Jahr erhielten 3000 Abonnenten, längst nicht mehr nur Jugendliche und junge Erwachsene, die Impulse, und rund 700 wurden von etwa 90 Wegbegleitern durch die Fastenzeit begleitet.
Ein vergleichsweise kleines Projekt bot das Dekanat Böblingen ebenfalls in der Fastenzeit unter dem Titel „Nur für heute“ gezielt für die eigene Region an. Interessant hier war vor allem der Entstehungsprozess, da nicht nur Ehrenamtliche im Projektteam aktiv waren, sondern diese dann noch einmal Menschen aus den Gemeinden ansprachen und um Impulse baten, so dass die Texte von vielen verschiedenen Gläubigen aus dem ganzen Dekanat kamen.

Bewährt hat sich für die Konferenz die Praxis, den Kreis der diözesanen Beauftragten und Ordensvertreter vermehrt durch weitere Teilnehmer zu verstärken, die praktische Erfahrungen aus eigenen Projekten ein­brin­gen und Austausch und Diskussion bereichern.
Für das nächste Jahr zeichnet sich als ein wichtiges Thema die For­mu­lierung von Standards für die Internetseelsorge in den verschiedenen Arbeitsbereichen ab.