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Das Evangelium vom anderen her erschließen

Missionstheologische Tagung von IWM und KAMP

„Wenn Je­sus die Ant­wort ist: Was ist die Fra­ge?“ Die­se Teil­neh­mer­re­ak­ti­on bringt auf den Punkt, was die Ta­gung „Mis­si­on 21. Das Evan­ge­li­um in neu­en Räu­men er­schlie­ßen“ an­sto­ßen woll­te: ein neu­es Nach­den­ken über Mis­si­on, das we­ni­ger von ei­ner zu ver­kün­den­den Wahr­heit aus­geht, son­dern von dem her, was die Men­schen be­wegt, was ihr Le­ben in ver­schie­de­nen Räu­men (geo­gra­fisch, so­zi­al, kul­tu­rell, re­li­gi­ös …) prägt. Da­zu hat­ten das In­sti­tut für Welt­kir­che und Mis­si­on (IWM) und die Ka­tho­li­sche Ar­beits­stel­le für mis­sio­na­ri­sche Pas­to­ral (KAMP) nicht nur nam­haf­te Re­fe­ren­ten, son­dern auch Ge­sprächs­part­ner aus ver­schie­de­nen Kon­ti­nen­ten für den 8. bis 10. März 2016 nach Frank­furt/Main ein­ge­la­den.

Eine Simultanübersetzung unterstützte die internationale Verständigung.

Den Aus­gangs­punkt bil­de­te das Mis­si­ons­pa­ra­dig­ma „mis­sio in­ter gen­tes“, das Prof. Jo­na­than Y. Tan (Cleve­land/USA) vor­stell­te. Es ist ein Kon­zept aus Asi­en, das die Min­der­heits­er­fah­rung der dor­ti­gen Chris­ten auf­greift und pro­duk­tiv ver­ar­bei­tet: Im Ge­gen­satz zu ei­nem tra­di­tio­nel­len Sche­ma „mis­sio ad gen­tes“ – al­so ei­ner Ein­bahn­stra­ße, bei der das Evan­ge­li­um von Eu­ro­pa nach Asi­en ex­por­tiert wird – ver­steht „mis­sio in­ter gen­tes“ Mis­si­on als kom­mu­ni­ka­ti­ven Lern­weg zwi­schen ei­ner gro­ßen Viel­falt an Völ­kern, Kul­tu­ren und Re­li­gio­nen. Das hei­ßt: Ein­hei­mi­sche Tra­di­tio­nen wer­den als Er­öff­ner des Evan­ge­li­ums und im Kon­text ei­ner in­ter­re­li­giö­sen Gast­freund­schaft als Ver­bün­de­te ge­se­hen. Tan ver­deut­lich­te das am Bei­spiel der Frau am Ja­kobs­brun­nen (Joh 4): Je­sus geht be­wusst auf an­de­re, auf Au­ßen­sei­ter wie die Sa­ma­ri­ta­ne­rin, zu, tritt mit ihr in Aus­tausch – und letzt­lich ist sie es, die ih­re Lands­leu­te mit Je­sus in Kon­takt bringt. Es geht al­so um ein mis­sio­na­ri­sches Ge­sche­hen auf glei­cher Au­gen­hö­he und mit ei­nem ge­gen­sei­ti­gen Ge­ben und Emp­fan­gen. Das ist aber nur mög­lich, wenn zu „Or­tho­do­xie“, die im aka­de­misch-theo­lo­gi­schen El­fen­bein­turm zu ver­blei­ben droht, „Or­tho­pa­thos“ und „Or­tho­pra­xis“ hin­zu­tre­ten: „Or­tho­pa­thos“ als ein ra­di­ka­les Sich-Ein­las­sen auf das rea­le Le­ben der Men­schen (Ar­mut, Mar­gi­na­li­sie­rung, nicht-christ­li­che Kul­tu­ren …) und „Or­tho­pra­xis“ im Sin­ne, dass man we­sent­lich auch von an­de­ren Re­li­gio­nen und Kul­tu­ren das rech­te christ­li­che Han­deln neu lernt.

Prof. Tan in der Diskussion mit den Teilnehmenden.

Die­se Not­wen­dig­keit, das tra­di­tio­nel­le Sche­ma ei­ner Mis­sio­nie­rung von oben her­ab zu über­win­den, son­dern sich in der mis­sio­na­ri­schen Be­geg­nung zu­erst ein­mal als Ler­nen­de zu ver­ste­hen, ver­tief­te der Vor­trag von Prof. Ro­man A. Sie­ben­rock (Inns­bruck) vor al­lem vom 2. Va­ti­ka­ni­schen Kon­zil her. Die ers­te Adres­se der christ­li­chen Bot­schaft ist die Kir­che selbst, will sie es denn wert zu sein, nach dem Grund ih­rer Hoff­nung, aber auch ih­res Le­bens­stils und ih­res Ver­hal­tens ge­fragt zu wer­den: „Ihr seid ein Brief Chris­ti“ (2 Kor 3,3). Dann geht es aber bei ei­ner „Theo­lo­gie in den Zei­chen der Zeit“ auch um Fra­gen, die die Gren­zen der Ge­mein­schaft der Chris­ten weit über­schrei­ten und nur im Dia­log mit al­len Men­schen gu­ten Wil­lens an­zu­ge­hen sind: Was be­deu­tet heu­te ein Mensch­sein, das dem Wil­len Got­tes ent­spricht? Wie kön­nen Men­schen un­ter den Be­din­gun­gen der Ge­gen­wart mit­ein­an­der le­ben und Ge­walt und Un­recht über­win­den?

Für die durchgängige Verbindung von weltkirchlicher und deutscher Perspektive stand das gemeinsame Veranstaltungsteam aus KAMP und IWM.

„Mis­sio in­ter gen­tes im Licht von Evan­ge­lii gau­di­um“ – so war schlie­ß­lich der Vor­trag von P. Dr. Mar­kus Lub­er, dem kom­mis­sa­ri­schen Di­rek­tor des IWM, über­schrie­ben. Lub­er ar­bei­te­te Ver­bin­dungs­li­ni­en und Ge­mein­sam­kei­ten zwi­schen der En­zy­kli­ka von Papst Fran­zis­kus und dem asia­ti­schen Mis­si­ons­kon­zept her­aus. Zu­gleich hob er Kri­te­ri­en der Un­ter­schei­dung her­vor, die das pas­to­ra­le Tun len­ken und Fehl­ent­wick­lun­gen ver­mei­den kön­nen. Wich­tig ist laut Lub­er be­reits, dass „mis­sio in­ter gen­tes“ zwi­schen Or­tho­do­xie und Or­tho­pra­xis als ver­bin­den­des Ele­ment Or­tho­pa­thos ein­fügt – so wird ei­ner „ma­te­ria­lis­ti­schen Ver­en­gun­g“ des ka­ri­ta­ti­ven Tuns durch Ab­spal­tung von der Or­tho­do­xie vor­ge­beugt, die ge­ra­de bei der stark in­sti­tu­tio­na­li­sier­ten kirch­li­chen Wohl­fahrt in Deutsch­land durch­aus als Ge­fahr be­steht. Von Evan­ge­lii gau­di­um her sieht Lub­er wei­ter­hin die Kri­te­ri­en In­te­gra­li­tät, Hu­ma­ni­tät und Par­ti­ku­la­ri­tät: In­te­gra­li­tät als Ge­gen­satz zu ex­klu­si­vie­ren­den und eli­tä­ren Ten­den­zen, die das „Zen­trum“ ge­gen Im­pul­se aus der „Pe­ri­phe­rie“, die Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten in Fra­ge stel­len, zu im­mu­ni­sie­ren ver­su­chen; Hu­ma­ni­tät – das Reich Got­tes ver­wirk­licht sich da, wo Chris­ten dem Auf­trag zur Hu­ma­ni­sie­rung von Kul­tur und Ge­sell­schaft nach­kom­men; Par­ti­ku­la­ri­tät als Ernst­neh­men der je­wei­li­gen Kul­tu­ren, als wahr­haf­tes Ein­tau­chen in die Le­bens­wirk­lich­kei­ten der Men­schen, das Kir­che nicht un­be­rührt und un­ver­än­dert lässt. Und schlie­ß­lich ver­wies Lub­er dar­auf, dass Evan­ge­lii gau­di­um die „Freu­de des Evan­ge­li­um­s“ an den An­fang stellt, die Men­schen er­fah­ren, wenn sie Je­sus in den ver­schie­de­nen Le­bens­be­rei­chen be­geg­nen: Es ist nicht die Auf­ga­be der Kir­che, sol­che Er­fah­run­gen von Selbst­tran­szen­denz für die Men­schen zu ar­ti­ku­lie­ren – das ma­chen die­se von sich aus –, son­dern ih­nen zu hel­fen, die­se im Licht des Evan­ge­li­ums zu deu­ten.

Ein gemeinsames Bibelteilen leitete den zweiten Tag ein.

Ge­wich­ti­ge und um­fang­rei­che Vor­trä­ge lei­te­ten al­so die Ta­gung ein. Den Ver­an­stal­tern war es aber wich­tig, nicht in „Ein­bahn­kom­mu­ni­ka­ti­on“ zu ver­blei­ben, son­dern – durch­aus ana­log zu „mis­sio in­ter gen­tes“ – mit den Teil­neh­men­den ei­ne „Lern- und Glau­bens­ge­mein­schaft auf Zeit“ zu bil­den. Geist­li­che Ele­men­te wie Abend­ge­bet, Bi­bel­tei­len und Eu­cha­ris­tie­fei­er wa­ren in­te­gra­ler Teil des Ta­gungs­pro­gramms und brach­ten das Ge­hör­te, Er­leb­te, Ge­dach­te und Dis­ku­tier­te im­mer wie­der vor Gott. Wei­ter­hin be­stand trotz ei­nes en­gen Zeit­plans re­gel­mä­ßig Ge­le­gen­heit zu Dis­kus­si­on und Re­fle­xi­on und zum Ein­brin­gen ei­ge­ner Er­fah­run­gen. So stand der zwei­te Tag im Zei­chen der Ar­beit in Fo­ren zu aus Evan­ge­lii gau­di­um ab­ge­lei­te­ten „theo­lo­gi­schen Or­ten“: „Ur­ba­ni­sie­rung und Stadt­kul­tu­ren“, „Volks­fröm­mig­keit“, „Ar­mut und Mar­gi­na­li­sie­run­g“ und „Ge­schlech­ter­rol­len und Fa­mi­lie“. Auch hier blie­ben die Ver­an­stal­ter ih­rer Li­nie treu und hat­ten ge­zielt Im­puls­ge­ber aus ver­schie­de­nen Kon­ti­nen­ten ein­ge­la­den (mehr zu den Fo­ren sie­he un­ten!).

Prof. Widl bei ihrem Vortrag.

Die Fül­le der The­men und Ein­drü­cke ein Stück weit zu bün­deln, war Auf­ga­be von Prof. Ma­ria Widl, Pas­to­ral­theo­lo­gin an der Uni­ver­si­tät Er­furt. Für ih­ren Vor­trag am Ab­schluss­tag hat­te sie das Ta­gungs­ge­sche­hen be­ob­ach­tet und „Ge­dan­ken­split­ter und The­sen zu ei­ner Zu­sam­men­schau aus pas­to­ral­theo­lo­gi­scher Per­spek­ti­ve“ zu­sam­men­ge­stellt. Da­bei be­ton­te sie die Not­wen­dig­keit, vor al­lem mis­sio­na­ri­schen Tun an an­de­ren zu­erst ein­mal selbst zur Freu­de des Evan­ge­li­ums um­zu­keh­ren, und die Fremd­pro­phe­tie der „An­de­ren, die nicht Kir­che sin­d“ zu schät­zen. Be­son­ders in­spi­rie­rend war für die Teil­neh­men­den – so kann man aus den Rück­mel­dun­gen beim ab­schlie­ßen­den World-Ca­fé schlie­ßen – Widls Vor­schlag ei­nes „prak­ti­schen Theo­lo­gi­sie­ren­s“: statt Ent­wick­lung ei­ner theo­re­ti­schen Sys­te­ma­tik der Glau­bens­leh­re viel­mehr de­ren Ent­fal­tung „an kon­kre­ten (auch ba­nal er­schei­nen­den) All­tags­fra­gen“ – et­was, was Theo­lo­gin­nen und Theo­lo­gen erst ein­mal ler­nen müs­sen: das Christ­li­che in an­de­ren Kon­tex­ten wahr­zu­neh­men und am Le­ben der Men­schen ori­en­tiert zu durch­den­ken.

Gedanken aus dem World-Café wurden auf Flipchart-Blätter notiert.

Da­mit schlie­ßt sich der Kreis hin zum Aus­gangs­punkt die­ses Be­richts: „Was ist die Fra­ge, wenn Je­sus die Ant­wort ist?“ Die Ta­gung „Mis­si­on 21“ hat in in­ter­na­tio­na­ler Per­spek­ti­ve da­zu bei­ge­tra­gen, dem Ge­spräch da­zu Im­pul­se zu ge­ben und es ins­be­son­de­re auch durch den Blick auf die „Rän­der“ der Welt und der Ge­sell­schaft zu in­ten­si­vie­ren. Ein Ge­spräch, das es fort­zu­set­zen gilt – wo­zu si­cher­lich auch die Ta­gungs­do­ku­men­ta­ti­on bei­tra­gen wird.

Blick in das Forum zu Urbanisierung und Stadtkulturen.

Einblick in die Foren:


1. Urbanisierung und Stadtkulturen

An­knüp­fend an Evan­ge­lii gau­di­um 71–75 nahm das Fo­rum „Ur­ba­ni­sie­rung und Stadt­kul­tu­ren“ die Stadt als Ort und Kon­text ei­ner mis­sio­na­ri­schen Kir­che in den Blick. Auf dem Hin­ter­grund der „Pas­to­ral ur­ba­na“ in den Me­ga­ci­tys La­tein­ame­ri­kas zeig­te Prof. Mar­git Eck­holt (Os­na­brück) auf, dass ge­ra­de im groß­städ­ti­schen Um­feld nicht die Kir­che Be­zugs­punkt der Pas­to­ral sein kann, son­dern die Stadt selbst und die Her­aus­for­de­run­gen, die sich in ihr stel­len. Die Pas­to­ral ist dann ein Dienst für das men­schen­wür­di­ge Mit­ein­an­der und die ver­ant­wort­li­che „Ci­ti­zenship“ al­ler Be­woh­ner der Stadt.

Mi­gra­ti­on, Über­völ­ke­rung und Ar­mut, aber auch Um­welt­pro­ble­me so­wie die Ver­än­de­rung der fa­mi­liä­ren Struk­tu­ren be­nann­te Dr. Gem­ma T. Cruz (Mel­bourne) als we­sent­li­che Her­aus­for­de­run­gen in den Groß­städ­ten Asi­ens. Mis­sio­na­ri­sches Han­deln zeigt sich hier als Ein­satz für ei­ne ganz­heit­li­che Be­frei­ung und als zeug­nis­haf­tes Mit-Sein („wit­ness as with-nes­s“) mit den Men­schen in den Ge­fähr­dun­gen des städ­ti­schen Le­bens.

(Andrea Imbsweiler, Forum-Moderatorin)

 

2. Volksfrömmigkeit

Im Fo­rum zur Volks­fröm­mig­keit ka­men drei Re­fe­ren­ten aus un­ter­schied­li­chen Kon­tex­ten zu Wort: Prof. Ja­mes Pon­niah (Chen­nai, In­di­en) mach­te den Vor­schlag, die re­zi­pro­ke Gast­freund­schaft des po­pu­lä­ren „As­anam“-Ri­tu­als als Mo­dell für christ­li­che Mis­si­on zu be­trach­ten. Dr. Mar­tin Hoch­hol­zer iden­ti­fi­zier­te im Kon­zept „mis­sio in­ter gen­tes“ ei­ne an­ge­mes­se­ne Wei­se für den Um­gang mit mo­der­ner Volks­fröm­mig­keit im deutsch­spra­chi­gen Raum. PD Dr. Kla­ra Csis­zar il­lus­trier­te an­hand kon­kre­ter Bei­spie­le die Volks­fröm­mig­keit in Ru­mä­ni­en mit ih­ren na­tio­na­lis­ti­schen Ten­den­zen und stell­te die Fra­ge, wie die ka­tho­li­sche Wei­te in solch ei­nem Kon­text wie­der Fuß fas­sen kön­ne.

(P. Tobias Keßler CS, Forum-Moderator)

 

3. Armut und Marginalisierung

Im Fo­rum „Ar­mut und Mar­gi­na­li­sie­run­g“ dis­ku­tier­ten die Teil­neh­men­den mit Dr. Bo­ni­face Ma­b­an­za (Kirch­li­che Ar­beits­stel­le Süd­li­ches Afri­ka, Hei­del­berg), Dr. Mo­ni­ka Kleck (Re­nova­bis) und Dr. Ma­rie-Ro­se Blun­schi Acker­mann (ATD Vier­te Welt) über die Mis­si­on der Kir­che in­ner­halb von Ar­mut ge­präg­ten Kon­tex­ten im süd­li­chen Afri­ka, in Ost­eu­ro­pa und in der Schweiz. Die Re­fe­rie­ren­den zeich­ne­ten ein dif­fe­ren­zier­tes Bild der un­ter­schied­li­chen Her­aus­for­de­run­gen und Aus­gangs­la­gen. Der be­son­de­re Vor­rang, der den Ar­men in­ner­halb der kirch­li­chen Mis­si­on zu­kom­men müs­se, kam eben­so zur Spra­che wie die Not­wen­dig­keit, die Ar­men nicht bloß als Adres­sat_in­nen wohl­tä­ti­ger Hand­lun­gen in den Blick, son­dern als Sub­jek­te ih­res ei­ge­nen Le­bens ernst zu neh­men. Ar­mut wur­de vor al­lem als Hoff­nungs- und Per­spek­ti­ven­lo­sig­keit be­stimmt. Nichts­des­to­trotz wur­den auch Er­fah­run­gen the­ma­ti­siert, in de­nen sich zeigt, dass die Kir­che in ih­rem Han­deln von den Ar­men – ih­rer So­li­da­ri­tät und Wi­der­stands­kraft, Freu­de und Hoff­nung – vie­les zu ler­nen ver­mag.

(Sebastian Pittl, Forum-Moderator)

 

4. Gender und Geschlechterrolle

Dr. Ri­ta Per­int­fal­vi (Bu­da­pest/Wien) be­rich­te­te von der tief­grei­fen­den fun­da­men­ta­lis­ti­schen Strö­mung in Un­garn und an­de­ren mit­tel­ost­eu­ro­päi­schen Län­dern, die Ge­sell­schaft und Kir­che glei­cher­ma­ßen be­tref­fen und in­ner­halb de­rer ein un­dif­fe­ren­zier­tes und völ­lig in­ad­äqua­tes Bild ei­ner so ge­nann­ten „Gen­der-Ideo­lo­gie“ ge­zeich­net wird. In ihr, so et­wa die in den be­tref­fen­den Län­dern stark re­zi­pier­te deut­sche Pu­bli­zis­tin Ga­brie­le Ku­by, wer­de der Un­ter­schied zwi­schen den Ge­schlech­tern ne­giert und die Ge­schlechts­iden­ti­tät zum Ge­gen­stand der Wahl; man müs­se zu­rück zu ver­meint­lich kla­ren tra­di­tio­nel­len Rol­len­bil­dern. Theo­lo­gie und Kir­che ha­ben hier, so die Dis­kus­si­on im Fo­rum, ei­nen pro­phe­ti­schen Auf­trag zur Ge­gen­re­de. Er­gän­zen­de Per­spek­ti­ven lie­fer­te zu­nächst Ste­pha­nie Fe­der (Köln), die drei afri­ka­ni­sche Theo­lo­gin­nen und de­ren Ver­ständ­nis von Gen­der und Fa­mi­lie vor­stell­te (Musa W. Du­be, Ma­di­po­a­ne Ma­se­nya und Sa­ro­ji­ni Na­dar): Der An­satz die­ser Frau­en ist ge­prägt vom „wo­ma­nis­m“, der Dis­kri­mi­nie­rung von Frau­en nicht al­lein auf­grund des Ge­schlechts, son­dern auch auf­grund von Haut­far­be oder Klas­se the­ma­ti­siert, und von ei­ner post­ko­lo­nia­len Per­spek­ti­ve. Da­ni­el Bu­giel (Müns­ter) stell­te For­schun­gen zu he­ge­mo­nia­ler Männ­lich­keit, aber auch zu Wand­lun­gen in der Rol­le der Vä­ter vor und pro­ble­ma­ti­sier­te die gen­der­kri­ti­sche und an­ti­fe­mi­nis­ti­sche Hal­tung lehr­amt­li­cher Po­si­tio­nen, die ein di­cho­to­mes, bi­nä­res Ge­schlech­ter­bild ab­so­lut set­zen.

(Tobias Kläden, Forum-Moderator)