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„Der/die Single, das unbekannte Wesen?“

Erste überdiözesane Denkwerkstatt Singlepastoral

Am 14./15. November 2022 fand in Heilbad Heiligenstadt (Thüringen), vom Bonifatiuswerk gefördert, die erste überdiözesane Denkwerkstatt Singlepastoral mit Teilnehmenden aus unterschiedlichen pastoralen Feldern und aus 13 (Erz‑)Bistümern statt. Die dargebotenen Erkenntnisse der Singleforschung und der intensive fachliche Austausch zeigten spezifische Fragestellungen zur Lebenswirklichkeit und zu den Wünschen und Vorstellungen einer Bevölkerungsgruppe mit dem Merkmal „Single“, die sowohl in der Gesellschaft als auch im Raum der Kirche anwächst, pastoral jedoch oft noch zu wenig wahrgenommen wird.

Dabei ist gar nicht so einfach zu bestimmen, wer ein:e Single ist. Der Hinweis auf die Zahl der Ein-Personen-Haushalte, der in vielen größeren Städten bereits bei 50 % liegt, reicht jedenfalls nicht aus, so Prof. Dr. Tobias Künkler, der für die CVJM-Hochschule Kassel eine Studie zu hochreligiösen Singles erarbeitet hat. Eher geht es um den selbst wahrgenommenen Beziehungsstatus. So gibt es Menschen, die gewollt oder ungewollt Single sind; Singles repräsentieren verschiedene Lebensalter und soziale Milieus. Manche sind von Grund auf Single, andere werden es durch Trennung, Scheidung oder Verwitwung. Maria Pirch, die als Gemeindereferentin Trauergruppen in der Pfarrei Franziska von Aachen begleitet, berichtete von den Trauerprozessen von Menschen unterschiedlicher Altersgruppen. In der Außensicht bewegt sich Singledasein zwischen den Polen von „einsame Herzen“ bis „egoistische Hedonisten“, selbstgefühlt im Spannungsfeld von Freiheit und Einsamkeit.

Bedingt durch eine gewisse kirchliche Fixierung auf Ehe und Familie als „Normalzustand“ werden Singles in der Kirche als Personengruppe mit spezifischen Erfahrungen, Bedürfnissen und Chancen noch zu wenig wahrgenommen, meinte Astrid Eichler, Netzwerkerin für Singles und Mitbegründerin des Netzwerks Solo & Co. Gleichzeitig wollen viele Singles gerade eben nicht nur mit diesem Merkmal in der Kirche angesprochen und damit stigmatisiert oder bemitleidet, erst Recht nicht „katholisch verpartnert“ werden. Gleichwohl sind laut der Studie von Prof. Künkler 80 % aller befragten Singles auf Partner:innensuche bzw. wünschen sich eine:n Partner:in. Nur 3 % sind es ausdrücklich nicht.

Religiöse Singles versuchen, die mit ihrem Single-Dasein verbundenen existentiellen und geistlichen Fragen zu bearbeiten: Bin ich attraktiv genug? Will Gott, dass ich noch jemanden kennenlerne? Im Feld zeigt sich bei Singles eine große Bandbreite von Unzufriedenheit (75 %) mit dem Thema „Ausleben der eigenen Sexualität“ bis hin zur Spiritualisierung von Enthaltsamkeit.

Gelungene Praxisbeispiele von singlepastoralen Initiativen wurden aus den Bistümern Osnabrück, Dresden-Meißen und Magdeburg sowie aus der Arbeit der evangelischen Kirche vorgestellt.

Welche pastoralen Fragen und Herausforderungen für die (Erz-)Bistümer ergeben sich für die Pastoral mit Singles?

  • Ein guter Weg zu einer singlefreundlichen Pastoral ist der Dreischritt Wahrnehmung/Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Vernetzung.
  • Es gibt darüber hinaus den Bedarf, dass die hauptberuflich und freiwillig in der Seelsorge Engagierten dafür sensibilisiert werden, die Gaben und das Potenzial wahrzunehmen, welche Singles in die Pastoral einbringen können. Auch in der Aus- und Fortbildung und im Austausch der pastoral Verantwortlichen kann diese Thematik größere Bedeutung einnehmen.
  • Vor Ort und überregional (Pfarreien, pastorale Räume, Bistumsebene, Verbände, kategoriale Pastoral) können spezifische pastorale Angebote (Wochenende, Gesprächstreffen, gemeinsame Aktionen, Trauergruppe etc.) möglichst nicht nur für Singles, sondern mit ihnen gemeinsam entwickelt werden.

Dr. Martina Kreidler-Kos, die Leiterin des Seelsorgeamtes im Bistum Osnabrück, die eigene Erfahrungen zur praktischen Arbeit im Seelsorgeamt wie auch aus dem Synodalforum „Leben in gelingenden Beziehungen“ des Synodalen Weges beisteuerte, erklärte sich bereit, die Thematik auf der Konferenz der Seelsorgeamtsleiter:innen einzubringen und sie zu ermutigen, um in den Diözesen das Bewusstsein für eine qualitätvolle singlefreundliche Pastoral zu stärken.

Die Teilnehmenden an der Denkwerkstatt wünschen sich nach der ersten Denkwerkstatt weitere Gelegenheiten einer diesbezüglichen überdiözesanen Vernetzung und Weiterarbeit.