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Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

wenn es um das Missionarische geht, denken viele zunächst an die Ver­kündigung des Glaubens im engeren Sinne oder an die Glaubenskom­mu­nikation, näherhin an Katechese, Religionsunterricht, Glaubenskurse, Predigt und Glaubensgespräch. Wenn auch die Martyrie als Grundvoll­zug kirchlichen Handelns und Lebens für sich betrachtet werden kann, so wird doch deutlich, dass „Zeugnis“ viel umfassender verstanden werden muss als in einer Engführung auf das „Sprechen“ vom Glauben. Ein wei­ter Begriff des „Verkündigens“ ist recht schnell beim Diakonischen, der Zuwendung zum Bruder und zur Schwester, und der liturgischen Feier als Verkündigung. „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Aufer­stehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit“, so akklamieren die Gläubigen an zentraler Stelle in der Eucharistiefeier. Paulus erinnert die Glaubenden daran, dass sie durch die Feier den Tod des Herrn verkündi­gen, bis er kommt (1 Kor 11,26).

So haben wir uns in dieser Ausgabe von euangel das weite Feld des Litur­gischen vorgenommen und wollen darin Akzente setzen. Es kann jedoch angesichts der mentalen, gesellschaftlichen und damit auch der religiö­­­sen, pastoralen und kirchlichen Veränderungsprozesse nicht dabei blei­ben, die herkömmlichen Formen der Glaubensfeier zu nennen und zu kommemorieren. Vielmehr erheben sich die Fragen, wie das Leben von Menschen, auch solcher, die nicht regelmäßig an den Liturgien der Kir­che teilnehmen, vom Christusereignis her gedeutet werden kann, wie Liturgie also zum Ort der Geborgenheit, der Berufung zur Nachfolge, kurz: zum Ort der Gnade werden kann und als solcher erfahren wird. Wir fragten uns nicht nur, wo Liturgie im Zusammenhang verschiedener kirchlicher Vollzüge eigentlich beginnt und endet. Wir fragten uns auch, wie wandlungsfähig Liturgie sein kann und muss, was es bedeutet, dass das Gottesvolk in seinen Gliedern Träger der Liturgie ist, seinen (gemein­schaftlichen und individuellen) Glauben darin ausdrückt und sich von Gott darin bestärken lässt. Die Entwicklung liturgischer Formen im Ver­lauf der Kirchengeschichte zeigt, dass sich Liturgie angesichts der ver­änderten Rahmenbedingungen menschlichen Lebens und Glaubens durchaus gewandelt hat. So ist einerseits vor einem übertriebenen Ru­bri­zismus zu warnen, der sich allein auf eine rite et legitime gefeierte Liturgie bezieht. Dagegen ist die Vielfalt menschlicher Situationen in Erinnerung zu rufen, die in der Liturgie Resonanz finden sollen. Ande­rerseits sollte das liturgische „Experiment“ jedoch stets im kirchlichen Rahmen und mit liturgietheologischer und feierpraktischer Kompetenz versucht werden.

Wie dem auch sei, zur „Tradition“ gehört es immer, die kirchlichen Voll­züge auf neue Herausforderungen zu beziehen und damit zu „inkultu­rieren“. Auch die Liturgie der Kirche hat sich mit den veränderten Zeit­situationen gewandelt. So sind die „herkömmlichen“ liturgischen For­men, wer an ihnen in welcher Rolle beteiligt ist und wie sie „inszeniert“ werden, auf dem „Prüfstand“, einerseits, ob sich in ihrer Performanz das wiederfindet, was die Kirche bekennt und vom Evangelium her auf sich bezieht, und andererseits, ob das Leben der Menschen vor Gott liturgi­sche Präsenz gewinnt. Da die Kirche jede gottesdienstliche Feier von der Menschwerdung und dem Paschamysterium Christi her und damit Christus selbst als den eigentlichen Liturgen versteht, gewinnt Liturgie als Teil der „missio Dei“ neue Bedeutung, indem Gott den Menschen in einem Zusammenspiel von Wort und Symbol, von Gestus und Zeichen, von Architektur, Bild, Bewegung und Musik, von Partizipation, Gemein­schaft, Dienstleistung und der Performanz des Schönen ansprechen und verwandeln will. Lassen Sie sich mit uns ein auf Gedanken und Anregun­gen, die liturgische Vollzüge mit der Brille des „Missionalen“ neu sehen! Wenn Liturgie, insbesondere die Feier der heiligen Mysterien, die Kirche Gottes erneuert und auferbaut, so wirkt er in ihr die Umgestaltung seines Leibes.

Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen