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Was, wenn niemand mehr fragt?

Zu Anfang einen Schritt zurück: Angela Reinders fragt nicht danach, wie Pastoral mit Künstlicher Intelligenz (KI) umgehen soll, sondern was Pastoral einer KI überhaupt zu bieten hat.

Wer mit Tools Künstlicher Intelligenz zielführend zu guten Ergebnissen kommen möchte, hat eine Kunst zu erlernen: richtige Prompts zu formulieren. Was gebe ich als Programmanweisung so ein, dass herauskommt, was ich möchte?

Im pastoralen Umfeld hat das mindestens einen Beigeschmack. Für Trauergespräche ein Large Language Model einsetzen und sich einen Leitfaden schreiben lassen? Das Konzept für die Kommunikationskanäle der Gemeinde vorbefüllen lassen? Solche Ideen stoßen auf Kritik, manchmal auch regelrechte Abwehr. Schon die engagierten Diskussionen nach dem ersten KI-Gottesdienst auf dem Kirchentag in Nürnberg 2023 zeugten von wenig Akzeptanz. Vor allem ging es im Schlagabtausch immer darum, ob der Gottesdienst mit ChatGPT jemanden „überzeugt“, ob er „besser“ ist als der vom Menschen formulierte Text.

Vielleicht ist die Diskussion jedoch auf einer anderen Ebene zu führen.

Sehr selbstverständlich gibt es in den unterschiedlichen Professionen und Sparten prompting libraries. Darin ist online zu finden, welchen Prompt schon jemand zu welchem Thema gestellt hat, welche Anweisung an die Künstliche Intelligenz zu welchem Ergebnis geführt hat. So selbstverständlich, dass sich hier Unterrichtende für Schul‑ und Erwachsenenbildung Inspiration holen können, medizinisches Personal, Menschen in den Bereichen von Coaching und Beratung: die gleiche Frage wieder stellen, kreativ verändern, an eigene Situationen und Qualitätsansprüche anpassen, das Ergebnis wieder teilen und sich miteinander weiterentwickeln.

Von digital zugänglicher menschlicher Sprache die wahrscheinlichste Zeichenfolge ableiten: Das ist, was Künstliche Intelligenz kann und perfektioniert. ChatGPT „lernt“ mit jedem weiteren Prompt, didaktisch geplant Worte zu kombinieren, Antworten im richtigen Tempo zu geben, zunehmend sinnvolle Äußerungen zu bündeln, lernt durch korrigierende Eingaben im Prompting, wie man lehrend, therapeutisch, beratend eine freundlich zugewandte Sprache spricht.

Was, wenn die Pastoral als Profession in dieser Welt gar nicht mehr auftaucht? Was, wenn die prompting library leer ist und damit offenkundig irrelevant für den nächsten Entwicklungsschritt einer Menschheit, die selbstverständlich darauf zurückgreift? Was, wenn sie das Feld der Prompts den Kreationisten und den digital offensiv agierenden Sekten mit christlichem Anstrich überlässt? Was, wenn der „stochastische Papagei“, wie man das ChatGPT der Anfänge nannte, sich sprachlich immer weiter verbessert, aber die Sprache der Pastoral, wie sie gern wäre, gar nicht mehr erst erlernt?