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Vernetzungstag Digitalpastoral und Konferenz der Internetseelsorge-Beauftragten 2022

Die Konferenz der Internetseelsorge-Beauftragten, wie in den letzten beiden Jahren wieder als Digitalveranstaltung, startete am 1. Juni 2022 mit einem offenen Vernetzungstag zum Thema Digitalpastoral. Nachdem im letzten Jahr deutlich geworden war, dass sich in den Bistümern zahlreiche Personen in verschiedenen Kontexten mit diesem Themengebiet befassen, aber sowohl bistumsintern als auch überdiözesan noch zu wenig Vernetzung stattfindet, stand der erste Konferenztag als Vernetzungstag allen auf Bistumsebene tätigen Interessierten offen.

In einer ersten Austauschrunde ähnelten sich die Erfahrungen und Analysen der Teilnehmer:innen: Die Euphorie des durch die Pandemie ausgelösten „digitalen Aufbruchs“ ist weitgehend vorbei. Zwar wurden in der Krisenzeit gute Erfahrungen gemacht, aber nach der Rückkehr zu den gewohnten analogen Formen nicht weiterverfolgt. Zwar werden durchaus einige digitale Einzelangebote mit Erfolg weitergeführt, Bedarf und Interesse auf Nutzerseite sind da, aber Digitalpastoral ist noch weit davon entfernt, ein selbstverständlicher Teil einer zeitgemäßen Pastoral in einer digitalisierten Welt zu sein. Nach wie vor wird pastorales Engagement im Digitalen auf allen Ebenen meist nebenbei, zusätzlich zu den bisherigen Aufgaben und somit oft auch aus persönlichem Engagement in zusätzlichen, ehrenamtlichen Arbeitsstunden geleistet (symptomatisch dafür war wohl auch, dass rund ein Drittel der ursprünglich angemeldeten Personen mehr oder weniger kurzfristig wegen vorrangiger Verpflichtungen in ihren „eigentlichen“ Arbeitsfeldern die Teilnahme absagen musste …). In Arbeitsgebieten, die eigentlich nicht mehr ohne die Auseinandersetzung mit Digitalität und digitalen Möglichkeiten denkbar sind, werden Referentenstellen ohne jeden Bezug zum Thema ausgeschrieben. Die pastorale Planung konzentriert sich nach wie vor fast ausschließlich auf die territorialen Strukturen und denkt Digitales und dafür notwendige Personalressourcen kaum mit.

Stefanie Hoffmann von der Stabsstelle Digitalisierung der EKD gab Einblick in die Digitalisierungsbemühungen in der evangelischen Kirche. Während es aus katholischer Perspektive oft scheint, als seien die evangelischen Schwesterkirchen sehr viel weiter damit, Digitalität ernst zu nehmen, mitzudenken und pastoral einzubeziehen, zeigte sie in vielen Punkten ähnliche Schwierigkeiten mit einem echten Umdenken auf – Digitalität reibt sich mit den bestehenden Strukturen, deren Vorrang kaum in Frage gestellt wird. Trotz eines programmatischen Ja zu „digitaler Kirche“ und eines Digitalinnovationsfonds ist auch hier der Weg zu einer Selbstverständlichkeit des Digitalen im kirchlichen Kontext noch weit. Digitale Innovation kann, so zeigt sich auch hier, nicht im Großen in Bewegung gesetzt und gesteuert werden; die Stabsstelle sieht ihre Aufgabe als Anwältin des Themas im Vernetzen, Ermutigen und Werben und in exemplarischen Projekten im Kleinen und im Versuch, Themen zu setzen und damit einen Bewusstseinswandel zu fördern.

Im Gespräch und Erfahrungsaustausch kristallisierten sich drei Themenbereiche heraus, die am Nachmittag weiter diskutiert wurden. Das Aufbrechen von Kategorisierungen und das Fördern von Haltungsänderungen war dabei der Punkt, der am ausführlichsten besprochen wurde. Digitalpastoral steht nicht im Gegensatz und in Konkurrenz zur territorialen Pastoral – auch die Gemeinden und Bistümer existieren in einer digitalisierten und vernetzten Welt, Digitales hat dort auch einen örtlichen Bezug. Es kann uns nicht um Abgrenzung gehen, sondern darum, eine angemessene Sicht auf die Pastoral insgesamt zu gewinnen. Auf das Ganze unserer Lebenswirklichkeit bezogen muss Pastoral im Grunde hybrid verstanden werden. Das ist offenbar nicht wirklich durch theoretische Stellungnahmen und Papiere zu erreichen, sondern benötigt einen grundsätzlichen Bewusstseinswandel, der seine Zeit braucht. Diesen können wir fördern, indem wir als digital Engagierte immer wieder konkrete Erfahrungen und Erlebnisse aus unserem hybriden Lebensraum denen erzählen, für die das noch nicht selbstverständlich ist, und so auf eine gemeinsame Vision einer Pastoral hinarbeiten, die Gegensätze und Abgrenzungen in diesem Bereich überwindet.

Ein anderer Schwerpunkt war die Förderung weiterer systematischer Vernetzung von Personen, die sich mit Digitalpastoral befassen und auseinandersetzen, sowohl in den Bistümern als auch überdiözesan. Hier fehlen meist Strukturen, die nach bisherigen Bedürfnissen zugeschnittene und abgegrenzte Arbeitsbereiche verbinden. Vernetzung findet meist auf der Ebene persönlicher Kontaktpflege statt und benötigt daher knappe Zeitressourcen. Ein Vorschlag unter anderen war es, Ansprechpersonen für verschiedene „Sparten“ von Digitalpastoral (Glaubenskommunikation, Spiritualität etc.) zu etablieren, die überdiözesan Knotenpunkte für die Vernetzung bilden können. Schließlich kam noch die Frage der Befähigung in den Blick: Welche Fort- und Weiterbildungsangebote gibt es, ist Digitalität in den entsprechenden Abteilungen im Blick, wie funktioniert hier die Vernetzung und Kooperation? In all den diskutierten Punkten bleibt viel zu tun – und es hängt im Wesentlichen am Engagement aller, denen das Thema wichtig ist, mit oder ohne expliziten Auftrag.

Am 2.6. führten die Internetseelsorge-Beauftragten im kleineren Kreis die Diskussion weiter und informierten über Entwicklungen in ihren Bistümern und Arbeitsgebieten. Größere Themen waren die Weiterentwicklung der Netzgemeinde da_zwischen, die mittlerweile von fünf Bistümern und einer evangelischen Landeskirche getragen wird und inzwischen mehrere digitale Impuls-, Gottesdienst- und Begegnungsformate anbietet, Stand und Weiterentwicklung von internetseelsorge.de sowie die Überlegungen und Planungen für ein überdiözesanes Weiterbildungsangebot für beratende Internetseelsorge.

 

Die Überlegungen des Vernetzungstags Digitalpastoral wurden auf einem Padlet dokumentiert, das noch für einige Zeit zugänglich sein wird.