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Stellvertretung: Ein monastischer Blick

Sr. M. Sandra Gelbe zeigt Stellvertretung als theologische, spirituelle und praktische Grundfigur auf verschiedenen Ebenen des klösterlichen Lebens und Selbstverständnisses in Helfta, einem Ortsteil von Lutherstadt Eisleben in Sachsen-Anhalt. Die ursprüngliche Gründung eines Zisterzienserinnen-Klosters im 13. Jahrhundert wurde im Gefolge der Reformation aufgelöst; nach der Wiedervereinigung wurde das Kloster wieder aufgebaut und 1999 als selbstständiges Priorat wiederbelebt. Laut dem Zensus von 2011 gehören 82,4 % der Bevölkerung Eislebens keiner öffentlich-rechtlichen Religions­gemeinschaft an.

Vor einigen Monaten las ich in einer Kirchenzeitung eine Anekdote: Die Vorsteherin eines Klosters stellte sich bei einer Papstaudienz dem Ponti­fex mit den Worten „Ich bin die Oberin der Heiligen Dreifaltigkeit“ vor und bekam zur Antwort: „Angenehm, ich bin nur der Stellvertreter vom Sohn.“ In diesem kurzen Dialog kommt schon eine wesentliche Facette von Stellvertretung zur Sprache, nämlich das Rollenverständnis. Gerade innerhalb der Kirche gibt es eigentlich nur Stellvertreter, wie der obige Dialog eindrucksvoll pointiert.

Christus, der dienende Hohepriester, ist der eigentlich Handelnde

Nur der, der dem Satan in der Versuchungsgeschichte zu sagen ver­mochte: „Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen“ (Lk 4,8), der, von dem der Hebräerbrief sagt: „Wir haben einen solchen Hohepriester, der sich zur Rechten des Thrones der Majestät im Himmel gesetzt hat, als Diener des Heiligtums und des wahren Zeltes, das der Herr selbst aufgeschlagen hat, nicht ein Mensch“ (Hebr 8,1.2), dieser ist es, der auch sagen kann: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden.“ Ihm ist sie gegeben. Er hat sie sich nicht genommen, sagt er doch: „Von mir selbst aus kann ich nichts tun; ich richte, wie ich es vom Vater höre, und mein Gericht ist gerecht, weil es mir nicht um meinen Willen geht, sondern um den Willen dessen, der mich gesandt hat“ (Joh 5,30). Schon zuvor hatte er gesagt: „Er [der Vater] hat das Gericht ganz dem Sohn übertragen, damit alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren. Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt auch den Vater nicht, der ihn gesandt hat“ (Joh 5,22b.23). Seiner Lehre folgen wir, in seinen Fußspuren gehen wir, und damit dienen wir an seiner statt dem Vater nach dem Vorbild des Sohnes. Wenn wir das tun, dann sind wir nicht für uns da, sondern für das Werk Gottes, zu dem er uns ge­schaffen hat, dann geben wir als diejenigen, die „Christus als Gewand angelegt“ (Gal 3,27) haben, diesem Christus die Gelegen­heit, in und durch uns zu wirken.

Stellvertretung ist gute Verwaltung

Zu einem Stellvertreter gehört es per definitionem, dass es einen Größe­ren gibt, den er anerkennt und dessen Willen er mit seinen Fähigkeiten und gegebenen Möglichkeiten umzusetzen versucht. Ein Stellvertreter ist also ein guter Verwalter der ihm anvertrauten Güter im Sinne des Talentengleichnisses in Mt 25,14‑30. Dabei ist das Stichwort gut (im Schrifttext heißt es tüchtig und treu) nicht zu überlesen oder geringzu­schätzen. Wer einen anvertrauten Dienst nur verwaltet, tut in bibli­schem Sinn nicht das, was von einem guten Verwalter erwartet wird. Substanzwahrung ist zumeist eine Funktion der Angst, die durch Ver­meidung Schäden setzen kann. Es geht auch nicht um das glatte Gegen­teil, sich „aus dem Fenster zu lehnen“, als wäre alles möglich, weil man am Ende den Kopf dafür nicht hinzuhalten braucht. Das wäre verant­wortungslos. Stellvertretung, christlich gedacht, macht aber nicht vor Oberen in Chefvertretungspositionen halt. In einem gewissen Maß geht sie jeden an. Denn mit der Taufe ist jeder Christ zur gleichen Würde der Gotteskindschaft berufen (vgl. 1 Kor 12,13). Für die Gestaltung seines Lebens im Hinblick auf die christliche Zukunftsvision trägt jeder Mensch an seinem von Gott gegebenen Platz immer die Verantwortung. Ihm in uns immer mehr Raum zu geben, damit das schon begonnene Gottesreich sichtbarer wird, ist unsere Berufung, ob nun im oder vor dem Kloster.

Das Kloster als Vorgeschmack des Paradieses

Doch wofür steht ein Kloster? Zisterzienserklöster wollten immer para­diesische Orte sein, Abbilder jener besseren Welt, also der stellvertre­tende Vorgeschmack einer ersehnten künftigen Herrlichkeit. Schon rein äußerlich haben unsere alten Klöster viel Symbolik der Heiligen Schrift aufgenommen. Man lese nur die biblischen Beschreibungen vom Para­diesgarten und von der himmlischen Stadt Jerusalem und vergleiche sie mit der gewählten Lage und den baulichen Elementen eines Klosters. Da ist der Kreuzgarten mit dem Kreuzgang, in der Mitte ein Brunnen – An­spielungen auf den Paradiesgarten einerseits mit dem Strom, der sich in die vier Hauptflüsse teilt (vgl. Gen 2,10‑14; Ps 46,5), die ummauerte An­lage als Verweis auf die himmlische Stadt in Offb 21,12. Die Lage der Gründungen am Wasser als Verheißung von Psalm 23, die Gestaltung der Kirche als Zentrum und Heiligtum (vgl. die Anweisungen zum Bau des Offenbarungszeltes und des Tempels im Buch Exodus und im ersten Buch der Könige). Entsprechend hochmittelalterlicher Baupraxis sind unsere alten Kirchen geostet. Auch darin zeigt sich, wohin wir uns orientieren wollen: „Der Aufgang aller Aufgänge regiert das All“, sagte einst der Pseudo-Hippolyt von Rom in einer Osterpredigt und meinte damit Christus. Die Wirkung des Lichts, das sich die Zisterzienser bau­lich zunutze machten, spiegelt die Verbundenheit mit der Schöpfung. Und dann ist da noch die Ursprungsintention eines Lebens in Gemein­schaft nach dem Vorbild der Urkirche, die Praxis der Caritas im Sinne von 2 Kor 8,8, die Eingang in die normativen Dokumente unseres Ordens gefunden hat. So ist es auch nicht ein einzelner Mönch gewesen, der den Orden gegründet hat, sondern eine Mönchsgemeinschaft, die ihr Werden unter der Ägide dreier Gründerväter (Robert von Molesme, † 1111, Alberich, † 1109, und Stephan Harding, † 1134; d. Red.) benennt.

Wohnung des Wortes und Vorbild des Künftigen

Auch ist da die zisterziensische Marienverehrung, die einen inkarna­torischen Schwerpunkt hat, die Maria als den Tempel des Wortes sieht. So wie es die Kirchenväter Athanasius (De incarnatione verbi) und Ambrosius (Expositio secundum Lucam) dargelegt haben, so ziehen auch die Zisterzienser die Verbindungslinie vom sichtbaren Tempel, dem Gotteshaus, in dem sie das Wort Gottes aufnehmen, zum inneren Tempel des Herzens, um dem Wort eine Wohnung in sich selbst anzu­bieten. In all dem wird vielleicht deutlich, in welcher Dimension sich die Gründergemeinschaft unseres Ordens die Stellvertreterexistenz auf die Fahnen geschrieben hat.

Natürlich ist Zisterzienserleben heute nicht mehr mit jenem der Agrar­gesellschaft des 12. Jahrhunderts zu vergleichen. Wir leben in dieser gegenwärtigen Welt mit ihren Gegebenheiten und Erfordernissen. Auch die Adaptation an die jeweilige Gegenwart ist Ausdruck unserer geleb­ten Armut, nichts festzuhalten, was nicht im reinen Sinne dem skizzier­ten Charisma mit seiner Ursprungsintention dient, „den vornehmsten Weg zu gehen, der die Liebe ist“ (Bernhard von Clairvaux). Insofern sind wir keine Museumsentität, kein Relikt einer vergangenen Zeit, sondern ganz und gar heutige Menschen, dieser heutigen Gesellschaft entstam­mend, präsent, um das Lebensangebot Christi unter Wahrung unserer monastischen Werte fortzuführen. Wir wollen auch heute noch mit unserem Sein und unseren Wohnstätten ein Vorausbild des Künftigen sein. Als geladene Himmelsbürger versuchen wir, dieses in der Taufe ergangene Geschenk zu vermitteln, eingedenk, dass jede von uns, so­lange sie in dieser Welt lebt, auch mit den eigenen Schwächen zu ringen hat. Christus hat nicht das Perfekte erwählt, sondern das Schwache (vgl. 1 Kor 1,27). Wir stehen also für etwas, was uns übersteigt, was wir mit uns selbst nicht ausfüllen können, und wir dürfen doch erfahren, dass es geht, trotz allem, was vielleicht manchmal wackelt, ängstigt oder be­sorgt. Wir legen einfach unsere kleinen Möglichkeiten zu dem dazu, was alle täglich geben wie die Witwe das Scherflein (Lk 21,1‑4). Und es ist immer wieder spannend, was daraus entsteht. Unser Leben ist das Wag­nis einer großen Hoffnung auf eine gewaltige Zukunft mit der Gewiss­heit im Rücken, dass es unzählige Menschen gab, die diesen Weg vor uns gingen – ja, deren Vorausgehen uns nachgezogen hat, die bewiesen haben, dass der Weg gangbar ist.

Stellvertretung: Verstärkung, nicht Ersetzung

Es ist wahr: Wir wollen locken und faszinieren, jedoch nicht auf billige Weise. Unser Leben hat Tiefe zu bieten und große Gestalten hervorge­bracht. Und wenn sich jemand zu uns aufmacht, um ein Stückchen Himmel auf der Erde zu tanken, dann versteht er ein wenig unsere Intention, so zu leben. Unsere Gäste feiern mit uns das Stundengebet und die Eucharistie, lassen sich – wie wir – darin in ihrer konkreten Lebenssituation ansprechen und tragen das Gehörte und Erfahrene in ihre Familien und Freundeskreise. Sie wirken dort als kleine Paradies­inseln stellvertretend fort, während wir uns nicht vom Fleck bewegen. Wir nehmen die konkreten Anliegen und Nöte auf, die Menschen uns zutragen, wir stimmen in den Fürbitten wie im persönlichen Gebet ein in das Bitten der Kirche und ihrer Glieder. Aber wir ersetzen die Bittstel­ler nicht, wir verstärken ihr Tun quasi als eine Multiplikation des Be­tens, so wie jemand jemandem zur Hand geht und im unterstützenden Mittun ein Werk zum Erfolg führt. So wie Christus sich für uns gab, so verwenden wir uns nach unseren Möglichkeiten für unsere Mitmen­schen und die Kirche. Christus lehrte die Jünger zu beten und sagte klar, dass der Bittende empfängt (vgl. Mt 7,7). Es wäre doch fatal, dieses Angebot göttlicher Gebetserhörung nicht auszuschöpfen, auch dann, wenn uns das Ergebnis unseres Betens nicht zugetragen wird oder es erfolglos scheint. Es ist ja nicht der Sinn unseres Betens, Erfolge auf­zulisten, sondern dem Werden des Gottesreiches zu dienen. Unser Sein ist auf dieser Ebene ein unentgeltlicher Dienst. Unser Leben ist ortsbe­ständige Mission.

Authentisches Christsein ist ein Keim des Neuen

Nun kann man die irdische Zukunft des Ordenslebens durchaus hart an­fragen. Von der Altersstruktur können wir uns hier in Helfta noch nicht beklagen. Ich persönlich weigere mich auch, in der Schließung von Klös­tern den Untergang dieser Lebensform zu sehen. Es ist vielleicht ein Ende an einem konkreten Ort, das schließt aber doch nicht den Auf­bruch an einem anderen aus. Immer hat es Menschen gegeben, die in besonderer Weise geistlich lebten. Und immer wieder gab es Zeiten, in denen gesellschaftliche Strömungen und Moden andere Impulse setz­ten, die die Religiosität auch supprimierten. Das Christentum hat die Wirren der Zeit seit zwei Jahrtausenden überlebt. Und: Eigentlich wa­ren es nicht die Verfolgungszeiten, die der Kirche Schaden zufügten, sondern diejenigen, in denen die Religionszugehörigkeit so normal und alltäglich war, dass darüber das Christsein auf der Strecke blieb. Solange an irgendeinem Ort in irgendeinem Land, vielleicht am ‚Ende‘ der Welt, auch nur noch ein einziger Christ lebt, und dieser sein Christsein au­thentisch lebt, liegt in ihm der Keim zum Neuanfang. Nicht wir lenken und leiten die Kirche, sondern Christus. Er lässt wachsen, wir begießen nur (vgl. 1 Kor 3,7). Wir haben es nicht nötig, an Untergang zu denken, weder als Christen noch als Ordensleute. Unser jeweils individueller irdischer Untergang ist, so hoffen wir, der Beginn einer wunderbaren Zukunft. Wir leben für diese Zukunft, und wenn wir das glaubwürdig tun, haben wir alles getan, was wir schuldig sind (vgl. Lk 17,10). Die Geschichte zeigt, dass es oft nicht die großen Macher waren, die Kirche sichtbar werden ließen, sondern die Kleinen, die durch ihre Glaubwür­digkeit und ihre Treue den Fortbestand sicherten. So wurde durch das uneigennützige Zeugnis einfacher Christen einst aus einem Soldaten namens Pachomius der große heilige Mönchsvater.

Mystische Frauenspiritualität in Kloster Helfta

Wir sind mit 21 Jahren ein noch recht junges Kloster, das aber durch die Besiedlung gerade dieses Ortes ein verantwortungsvolles Erbe angetre­ten hat. Gehen wir doch an diesem Ort in den Fußstapfen dreier großer Mystikerinnen, die unsere Kirche geprägt und gestaltet haben (Mecht­hild von Magdeburg, Gertrud von Helfta, Mechthild von Hackeborn; d. Red.). Stellvertretung ist auch dies. Viele Gäste suchen uns auf, weil sie auf den Spuren der Spiritualität dieser Frauen sind, an deren Platz nun wir das Gebetsleben hier vollziehen. Sie sind jene, die ihr Leben schon vollendet haben, die Nachfolge auf besondere Art vermitteln. Eigentlich sind sie es, die locken, nicht wir, wenn auch unsere Präsenz hier eine offene Einladung ist und sein soll.

Füreinander einstehen und einander ergänzen als Schwestern und Brüder

Wie nun kann man Stellvertretung noch konkreter verstehen? „Bin ich denn der Hüter meines Bruders?“ (Gen 4,9). Auch dies ist meiner Mei­nung nach eine Frage, die etwas mit Stellvertretung zu tun hat. Mensch­liches Leben in Familie, Gemeinschaft und Gesellschaft funktioniert nicht, wenn wir nicht bereit sind, einander zu ergänzen. Wie problema­tisch diese Komponente von Seinlassen, aber auch einem Zur-Hand-Gehen, wo es nottut, ist, zeigt schon der erste Brudermord in der Gene­sis. Stellvertretung kann bedeuten, überbrückend Dinge zu tun, die jemand z. B. aus Krankheitsgründen vorübergehend nicht selbst erledi­gen kann. Wie vielfältig in diesem Punkt die Optionen von Stellvertre­tung sind, obliegt der Fantasie eines jeden einzelnen Menschen. Und auch hier geht es um mehr, als an dem Platz eines anderen zu stehen und dessen Werk vertretungsweise zu tun. Unerlässlich ist der Respekt vor dem Tun des zu vertretenden Menschen. Vielleicht sollte man es Wertschätzung nennen. Es ist nicht nur von Bedeutung, einem Men­schen einen Liebesdienst zu erweisen, es geht auch um die Qualität eines solchen Dienstes. Was tue ich einem Menschen an, wenn ich etwas, das er delegieren muss, weil er gerade verhindert ist, in einer Form übernehme und ausführe, die nicht der Intention dieses Men­schen entspricht? Wie geht es mir selbst, wenn ich an solch einen Menschen gerate? Ein Beispiel möge das illustrieren. Stellen Sie sich einen Operationssaal vor. Bekanntlich steht jedem Arbeitnehmer eine gesetzlich vorgeschriebene Pause zu. Es erhellt sich von selbst, dass diese Regelung gerade bei stundenlangen Operationen einen passageren Personalaustausch notwendig macht. Da ist ein Mensch unter Narkose, für dessen Wohl ein ganzes Team die gemeinsame Verantwortung trägt. Wie verhält es sich da mit einer Stellvertretung? Wer wäre der Leidtra­­gende, wenn der vertretende Arzt – einmal hypothetisch – die Vorge­hensweise seines kompetenten Vorgängers untergräbt und in dieser kurzen Zeit zu ändern versuchte, was nur zu ändern ginge? Aus der Perspektive des Patienten dürfte eine stellvertretende Kompetenz auch darin liegen, die Technik fortzuführen, die der Vorgänger begann. Neben dem Stichwort Verantwortung kommt hier also nun noch ein weiteres Wort ins Spiel: Vertrauen. Und noch etwas spielt hier mit hinein: Ver­lässlichkeit und Partnerschaft. Eine Gemeinschaft, welcher Art auch immer, kann nicht funktionieren, wenn man nicht aufeinander zählen kann. Im Kloster sind da die Dienste zu nennen, von denen erwartet werden darf, dass sie gewissenhaft erledigt werden. Arbeitsteilung schafft Abhängigkeiten. Wenn es in einem Bereich zu Störungen kommt, dann versucht die Oberin, dies durch Hilfe aus anderen Berei­chen zu kompensieren. Das setzt die Bereitschaft der Verfügbarkeit voraus, die wir im Gehorsam gelobt haben. Wäre das nicht so und die Schwester, die den Dienst der Wäscherei versieht, fiele aus, würde es knapp mit der Kleidung, fiele die Köchin aus, gäbe es nichts zu essen. Je kleiner eine Gemeinschaft ist, umso größere Flexibilität ist nötig, um in unserem stellvertretenden geistlichen Dienst für die Welt trotz all der kleinen Alltagserfordernisse funktionsfähig zu sein. Je besser dieses Sich-Ergänzen funktioniert und von allen engagiert mitgetragen wird, umso einheitlicher wird die äußere Wahrnehmung der Gemeinschaft, umso sichtbarer die Lebensintention. Doch auch dies ist wahr: Ein Kloster ist nach dem heiligen Benedikt eine Schule, also ein Ort, an dem wir uns mit unseren Stärken und Schwächen in ein solches Idealbild immer wieder einüben dürfen. Jeder Tag ist eine neue Chance dazu.

Stellvertretung wird in verlässlicher Partnerschaft sichtbar

Stellvertretung im Sinne von Verlässlichkeit und Partnerschaft ist auch die Ebene unseres Angebotes an die Welt, konkret unserer Einbindung in die Ortskirche, die Ortsgemeinde, die Ökumene vor Ort, in den Aus­tausch mit regionalen Handelspartnern. Über unsere weltlichen Kon­takte im wirtschaftlichen und administrativen Sinn wird unsere Le­bensart und Hoffnung sichtbar. Ohne dieses Miteinander, die Unter­stützung vieler, die Wertschätzung unserer Produkte, z. B. aus unserer Seifenmanufaktur, die ein Annehmen unseres arbeitenden Einsatzes darstellen, würde ein Kloster nicht existieren können. Zur Palette un­serer Beziehungen gehören regelmäßig gemeinsam gefeierte Gottes­dienste mit der Ortsgemeinde, gegenseitige Besuche und ökumenische Veranstaltungen, gemeinsame Planung von Projekten, vielfältige Kon­takte durch Gästehaus und Klosterladen und eine große Nachfrage nach Plätzen in unserem Montessori-Kinderhaus, einer Einrichtung, die auch von Nichtglaubenden angenommen wird. Wir haben eine gute Zusam­men­arbeit mit dem Kolpingwerk Hettstedt, unterstützen, wo es mög­lich ist, die Lebenshilfe mit Aufträgen, haben Beziehungen zur Caritas, die ein Altenpflegeheim auf unserem Gelände betreibt. Unser Gäste­betrieb wäre ohne das gute Einvernehmen mit dem Hotelbetrieb Deckerts nicht möglich, auch dies ein Beispiel für unser Angekommen-Sein in der Region nach zwanzig Jahren. Wir sind da, eingebunden in Veranstaltun­gen von Stadt und Landkreis. Und auch unser Landesvater (Minister­präsident Reiner Haseloff; d. Red.) hat uns schon einige Male besucht. Natürlich – wir sind nicht viele Schwestern hier. Aber das Signal des Dasein- und Wachsen-Wollens ist gesetzt und angekommen. Das ist sicher ein großes Geschenk.

Wenn ich am Ende dieses Beitrages das große Thema Stellvertretung mit den verschiedenen hier genannten Facetten in Schlagworten zu­sammenfassen kann, so sind die Aspekte unseres Lebens unter dieser Prämisse: Nachfolge Christi, Dienstbereitschaft, das Gehen in den Fuß­spuren unserer monastischen zisterziensischen Vorfahren, die Klöster zu Abbildern der künftigen Heimat machten, die Pflege des mystischen Erbes dieses Ortes, die Wahrnehmung von christlicher Verantwortung in den verschiedenen Kontexten unserer Arbeitsbereiche, der Ausdruck von Respekt, der Erweis von Vertrauen, Verlässlichkeit und Partner­schaft.

UiogD.

(Ut in omnibus glorificetur Deus – auf dass in allem Gott verherrlicht werde; d. Red.)