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Quereinstieg

Ein Thema nicht nur für die Klinikseelsorge

Neben dem raschen Schwund der Zahl der Kirchenmitglieder zeigt sich seit einigen Jahren eine weitere Herausforderung für die pastorale Planung immer deutlicher: Der theologische Nachwuchs ist eingebrochen. Dies betrifft nicht nur Priesteramtskandidaten; auch insgesamt gibt es deutlich weniger junge Menschen, die ein Studium der katholischen Theologie oder Religionspädagogik angehen. Entsprechend beginnen auch immer weniger junge Menschen etwa als PastoralassistentInnen oder GemeindeassistentInnen ihren Dienst in der Kirche.

Auch wegen weiterer Faktoren merkt die Krankenhausseelsorge bereits jetzt, dass Positionen in diesem kategorialen Feld immer schwerer zu besetzen sind. Die Frage ist, wie mittelfristig die seelsorgliche Präsenz in den Kliniken zumindest einigermaßen gesichert werden kann. Anderen Bereichen der Pastoral geht es ähnlich.

Quereinstieg in die Seelsorge ist deshalb ein aktuelles Thema. Eine Online-Fachveranstaltung der katholischen Krankenhausseelsorge im März 2023 hat deutlich gemacht, dass sich mittlerweile die Kolleginnen und Kollegen in den Bistümern flächendeckend damit beschäftigen, das aber in sehr unterschiedlicher Weise. Mancherorts ist das offiziell noch kein Thema – woanders wird unter den Krankenhausseelsorgenden zumindest kontrovers diskutiert. In anderen Bistümern hat der Einstieg in den Quereinstieg mit Einzelfallentscheidungen begonnen – und erst später folgten verbindliche diözesane Ordnungen. Und in Bayern starten bald einige Bistümer im Verbund eine geregelte Ausbildung. Zudem gibt es an manchen Hochschulen Planungen für einschlägige Studiengänge.

Von daher gibt es kein einheitliches Konzept in Deutschland, aber es zeichnen sich bistumsübergreifende Muster ab, wie Quereinstieg in die Krankenhausseelsorge konkret gestaltet wird. Infrage kommen vor allem KandidatInnen mit einer gewissen Affinität zum neuen Arbeitsfeld: etwa mit einem Theologiestudium, aus dem sozialen oder pädagogischen Feld oder gerade auch Menschen, die bereits in Krankenhaus und Pflege tätig sind. Wesentlich ist eine persönliche Eignung. Darauf bauen dann Ausbildung und Berufseinführung auf. Üblicherweise wird eine gewisse theologische Qualifizierung (etwa durch den Würzburger Fernkurs) erwartet, dazu kommen eine klinische Seelsorgeausbildung (KSA) und weitere Module. Die Anstellung erfolgt zur Tätigkeit an einem bestimmten Krankenhaus, verbunden mit einer bischöflichen Beauftragung sowie Begleitung durch einen Mentor/eine Mentorin, Supervision etc.

Ein zentrales Thema bei der Online-Veranstaltung war Qualität. Klinikseelsorge ist eine Aufgabe für SpezialistInnen, die sich innerhalb eines hochprofessionalisierten Feldes (Krankenhaus) bewähren müssen – und das geht nur durch Qualität! Auch wenn jedes Bistum seinen eigenen Weg geht und gehen darf, so ist es doch sinnvoll, für den Quereinstieg gemeinsame Mindeststandards zu definieren und durchzusetzen – natürlich auch in Abstimmung mit den ökumenischen Partnern.

Zu klären ist aber ebenso das Berufsverständnis. Es sollte keine „Klassengesellschaft“ in der Krankenhausseelsorge entstehen: oben diejenigen, die eine klassische allgemeine Seelsorgeausbildung durchlaufen haben, unten die QuereinsteigerInnen! Das fängt schon damit an, wie Stellen ausgeschrieben werden: vornehmlich für Priester oder PastoralreferentInnen und, wenn sich niemand findet, auch für GemeindereferentInnen – und QuereinsteigerInnen müssten sich noch weiter hinten anstellen? Diese Abstufungen verschwinden aber zusehends, die Tendenz geht dahin, eine übergreifende Berufs- und Tätigkeitsbeschreibung zu verwenden wie beispielsweise „Seelsorgerin im Gesundheitsweisen“ und „Klinikseelsorger“.

Damit sind aber dennoch nicht alle im Seelsorgeteam eines Krankenhauses gleich. Die Unterschiede zeigen sich bereits in der unterschiedlichen Bezahlung. Dazu kommen unterschiedliche Kompetenzen durch die unterschiedliche Ausbildung, wodurch vielleicht QuereinsteigerInnen die Mitwirkung in einem speziellen Arbeitsfeld wie dem Ethikkomitee der Klinik verschlossen bleibt. Hier könnten sich Konflikte entzünden – und sich andererseits gutes Zusammenwirken und gegenseitige Ergänzung durch die individuellen Berufshintergründe und Charismen ergeben.

Quereinstieg: auch ein Thema für Seelsorge insgesamt? Spricht man mit Fachleuten, die für die allgemeine pastorale Entwicklung in den Diözesen zuständig sind, so fällt eher ein anderes Stichwort: multiprofessionelle Teams. Das heißt, die Pastoralteams in den Pfarreien bestehen nicht mehr nur aus TheologInnen, sondern werden mit Angehörigen anderer Berufsgruppen ergänzt: Kirchenmusik, Sozialarbeit, Engagementförderung etc.; auch die Gründung von Verwaltungszentren soll nicht nur einer (durch gesetzliche Vorgaben immer notwendigeren) Professionalisierung der Verwaltung dienen, sondern ebenso der Entlastung der anderen Berufsgruppen. Wie beim Quereinstieg wird hier auf den Theologenmangel reagiert – aber gerade nicht durch die Qualifizierung von MitarbeiterInnen aus nichttheologischen Professionen zu weiteren Seelsorgenden! Zudem bewegen wir uns hier im Raum der territorialen, nicht der kategorialen Pastoral.

Offenbar ist beim Thema Quereinstieg die Krankenhausseelsorge (zusammen mit einigen anderen Feldern der kategorialen Pastoral) in einer Pionierrolle. Auch im Wort der deutschen Bischöfe zur Seelsorge, das im letzten Jahr erschienen ist, sucht man das Stichwort „Quereinstieg“ vergeblich. Dabei gibt es schon lange Interessierte für diese Art seelsorglicher Tätigkeit – die aber teilweise in den Bistümern lange nicht beachtet wurden, jetzt aber zunehmend gesucht sind. Von daher dürfen wir auf die Entwicklungen und praktischen Erfahrungen in den nächsten Jahren gespannt sein.