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Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

Die katholische Kirche ist eine Weltkirche, aber sie denkt sehr ortsbezogen und in festen Territorien. Egal wo ich lebe: Das Haus, in dem ich wohne, ist einem Bistum und einer Pfarrei zugeordnet und bestimmt meine Zugehörigkeit dort und umgekehrt die offizielle Zuständigkeit für mich und mein kirchliches Leben. In der Lebensrealität der meisten Katholik:innen spielt das allerdings nur an wenigen Punkten eine echte Rolle. Zugehörigkeit ist da eher Gefühlssache, und wir bestimmen längst selbst darüber, wo und in welchen Zusammenhängen wir unseren Glauben leben. Wir sind mobil und suchen uns das für uns Passende, am Wohnort oder anderswo, oder auch digital. Erst wenn es um Angelegenheiten geht, die amtlich in Kirchenbücher eingetragen werden müssen, werden dabei die territorialen Grenzen wirklich relevant, denn spätestens dann kommt gewöhnlich irgendwie die zuständige Pfarrei ins Spiel.

Man könnte also sagen, Territorien sind im Erleben der Gläubigen, zumindest bei uns, nur noch theoretische Größen. Seitens der Bistümer dagegen sind sie fast immer die wesentlichen Verwaltungseinheiten. Sie als (Groß-)Pfarreien, pastorale Räume – oder wie auch immer sie jeweils bezeichnet werden – zuzuschneiden und mit immer knapper werdendem Personal und Ressourcen auszustatten, damit das kirchliche Leben dort weiterläuft, so gut es eben noch geht, ist Gegenstand immer neuer Strukturprozesse. Was aber neben den territorialen Strukturen oder über sie hinweg geschieht, fällt dabei allzu leicht unter den Tisch. Nicht- bzw. überterritoriale Aufgaben, die sich statt der Struktur dem Bedarf nach entwickelt haben, wie klassische kategoriale Seelsorge, werden dann oft beschnitten und/oder der territorialen Struktur wieder untergeordnet.

Wir blicken in dieser Ausgabe auf die Folgen des territorialen Prinzips, aber vor allem auch auf die Bedeutung all dessen, was „quer“ dazu liegt, für Pastoral und Kirchenentwicklung, und hoffen, dafür neu den Blick zu schärfen. Was hat der Primat des Territoriums mit Macht und Kontrolle zu tun? Welche Beiträge leistet die kategoriale Seelsorge, gerade auch dann, wenn sie von der Territorialstruktur weitgehend unabhängig ist? Was bedeuten „ortlose“ digitale Angebote für die Zukunft der Pastoral, und was ist von Andersorten außerhalb der Struktur, etwa Klöstern, zu lernen? Zu diesen und ähnlichen Fragen hat für uns wieder eine Reihe von Autor:innen ihre jeweiligen interessanten und bedenkenswerten Perspektiven beigetragen.

Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre!

Mit herzlichen Grüßen