Rückblick: Fortbildung Internetseelsorge – Menschen mit emotional instabilen Persönlichkeiten
Fortbildungstag für Seelsorger/innen von internetseelsorge.de am 15.2.2017 in Frankfurt
Seit dem Start von internetseelsorge.de im Sommer 2012 als Portal zu katholischen Internetseelsorge-Angeboten gibt es dort auch das Angebot, sich mit Lebens- und Glaubensfragen direkt über die Website an Seelsorgerinnen und Seelsorger zu wenden: Ratsuchende können unter den Seelsorger/innen, die sich auf der Website vorstellen, wählen und ihr Anliegen – wenn gewünscht völlig anonym – per Mail formulieren. Der/die Seelsorger/in antwortet ebenfalls schriftlich, und beide kommen in einen Dialog, bis das Anliegen gelöst oder zumindest ein nächster Schritt für den Ratsuchenden erreicht ist. Die ganze Kommunikation läuft über ein gesichertes Webmail-Beratungssystem ab, um Datenschutz und seelsorgliche Vertraulichkeit zu gewährleisten.
Zunächst wurde dieses Angebot von der Internetseelsorge Freiburg getragen; mit wachsender Nachfrage kamen nach und nach weitere Bistümer hinzu. Inzwischen engagieren sich außer Freiburg auch die Bistümer Mainz, Aachen, Würzburg, Erfurt und Speyer in der beratenden Internetseelsorge auf internetseelsorge.de. Als weiteres Angebot kam 2015 die Geistliche Begleitung online durch Geistliche Begleiter/innen des Bistums Rottenburg-Stuttgart hinzu, die einen etwas anderen inhaltlichen Fokus hat, aber grundsätzlich ähnlich abläuft und die gleiche technische Infrastruktur nutzt. Insgesamt sind inzwischen rund 50 Seelsorger/innen und Begleiter/innen über internetseelsorge.de erreichbar.
In Zusammenarbeit mit den an diesen Angeboten beteiligten Bistümern – die jeweils selbst für die Aus- und Fortbildung ihrer Internetseelsorger/innen Verantwortung tragen – bot die KAMP am 15. Februar 2017 erstmals einen Fortbildungstag für in der beratenden und begleitenden Internetseelsorge tätige Seelsorger/innen an.
Zum Thema „Internetseelsorge mit emotional instabilen Persönlichkeiten“ kamen knapp 20 Seelsorgerinnen und Seelsorger aus mehreren Bistümern in Frankfurt zusammen, wo Birgit Knatz als Referentin den Seminartag gestaltete. Frau Knatz, Leiterin der TelefonSeelsorge Hagen-Mark und als eine Pionierin des Onlineangebots der Telefonseelsorge bereits seit Mitte der 90er-Jahre im Bereich der Onlineseelsorge tätig, beschrieb zunächst das Bild der emotional instabilen Persönlichkeit. Sie erklärte, dass Personen mit einem solchen Störungsbild der Onlinekontakt den Vorteil einer hohen Kontrolle über das, was sie von sich preisgeben, bietet und sie daher diese Form des Kontakts in Seelsorge und Beratung häufig gern nutzen. Für die Seelsorger/innen andererseits stellt die Begleitung dieser Personen oft eine besondere Herausforderung dar, da sie mit Stimmungsschwankungen und stark impulsivem Verhalten sowie einer seitens der Ratsuchenden intensiv eingeforderten, aber oft extrem wechselhaften Seelsorgebeziehung konfrontiert werden. Besonders belastend sind Suizidankündigungen, die von diesem Personenkreis häufig geäußert werden.
Nach einem Erfahrungsaustausch der Teilnehmer/innen zu ihren bisherigen Seelsorgekontakten dieser Art stellte Frau Knatz das dreistufige SET-Modell vor, das verschiedene Aspekte aufzeigt, die für die Seelsorger/innen in der Gestaltung der seelsorglichen Kommunikation in solchen Kontakten hilfreich sind: Support (Unterstützung), der Ausdruck persönlicher Sorge und Angebot der Hilfestellung; Empathie, Anerkennung der Gefühle des/der Ratsuchenden; Truth (Wahrheit/Realität), das Ansprechen der Eigenverantwortung des Ratsuchenden. Anschließend übten die Teilnehmer/innen anhand von Beispielanfragen das Verfassen einer Antwort nach dem SET-Modell und besprachen ihre Formulierungsversuche miteinander.
Neben dem Aspekt der fachlichen Fortbildung war den Teilnehmer/innen, wie in der Schlussrunde vielfach betont wurde, auch das Kennenlernen der Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Bistümern wichtig, da die Seelsorger/innen bisher keine Gelegenheit hatten bistumsübergreifend zusammenzukommen.
Dank der kompetenten Gestaltung durch Frau Knatz und der engagierten Beteiligung der teilnehmenden Seelsorger/innen war es ein intensiver und lehrreicher Tag. Dieser ersten Veranstaltung werden in den nächsten Jahren voraussichtlich weitere Fortbildungstage für Internetseelsorger/innen folgen – vorrangig für die Seelsorger/innen von internetseelsorge.de, aber auch offen für andere im Bereich der beratenden Internetseelsorge Tätige.
Andrea Imbsweiler