Editorial
Das Thema Charismen ist in den Pastoralplänen deutscher Bistümer und in der pastoral-theologischen Debatte derzeit aktuell. Es führt hinein in die Grundfragen des Kirche-Seins und ihrer Sendung in veränderter Zeit. Man kann Charismen natürlich zunächst als Fähigkeiten und Fertigkeiten in einem Sinne verstehen, wie es auch ein Unternehmen bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur bestmöglichen Erreichung des Unternehmensziels managt. Man kann sich also darüber verständigen, wie diversity management in der Kirche aussieht. So manche der derzeitigen Debatten um das „alte“ und das „neue“ Ehrenamt verbleiben auf dieser Ebene: Wie können wir die Fähigkeiten der Menschen nutzen, damit der „Laden“ Gemeinde (Kirche) weiter läuft (und zwar am besten so, wie er es in der Vergangenheit getan hat). Der Charismen-Begriff, theologisch reflektiert, fordert jedoch heraus, die Gnadenhaftigkeit der Charismen (Charis – Gnade, geschenkte Gabe) als das zu verstehen, was Gott selbst seiner Kirche zur Erfüllung ihrer Sendung schenkt. Was und wer dabei in den Blick kommt, ob nur eine kleine Schar der Elite oder Aktiven, oder ein weiterer Kreis von Menschen, die (ob mit oder ohne Taufe) von Gott berufen werden, Leib Christi als umfassendes Sakrament von Gottes Heil in dieser Welt zu sein, ist eine spannende Frage. Sie führt zu neuen Bildern von Kirche, von der Zugehörigkeit zu ihr und des Handelns im Sinne des Evangeliums. In jedem Falle wird deutlich: Gott handelt, es ist die Mission Gottes, die sich in neuen Gestalten des Kirche-Seins zeigt. Das fordert uns dazu heraus, auf eine Weise Kirche zu sein, wie Gott es heute von uns erwartet. Doch wie kann dies alles zum Wohle des Ganzen und im Sinne des Evangeliums zusammengeführt werden („organisiert“ ist hier wohl der falsche Begriff)? Mit dieser weitergehenden Frage kommen dann verschiedene Dienste, Ämter und Beauftragungen in der Kirche in den Blick, die selbst Charisma sind und sich zunehmend von der Zurüstung und Begleitung der anderen gottgegebenen Charismen verstehen sollen. Doch dies alles geschieht – und 50 Jahre nach der Kirchenkonstitution Lumen gentium des II. Vatikanischen Konzils wird das immer klarer – auf dem Hintergrund der Wiederentdeckung der gemeinsamen Sendung des gesamten Gottesvolkes zum Zeugnis für das Evangelium Jesu Christi. Wir laden Sie in diesem Heft ein zu einer Entdeckungsreise durch aktuelle Fragestellungen der Pastoral, die anzeigen, dass derzeit Vieles in Veränderung und in Bewegung ist. Wir laden Sie auch ein zur Teilnahme am Kongress Taufberufung und Leadership, der im Juni in Bochum diese Fragen aufgreifen wird und den wir als Arbeitsstelle mittragen.
Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen
Ihr