Willow Creek Kongress „Zwischenland“
Vom 6. bis 8. Februar 2014 kamen in Leipzig zum Leitungskongress der Willow-Creek-Gemeinde aus South Barrington (bei Chicago) rund 8.000 Teilnehmer aus vor allem deutschsprachigen europäischen Ländern unter der Überschrift „Zwischenland“ zusammen. Zentrales Anliegen des Kongresses war es, Ermutigung, Ausrichtung und Inspiration zu fördern, so Willow Creek. Ausgehend von einer Wahrnehmung des Wandels und der Veränderungen wurde die Frage nach „Gottes Wegen“ in den Zeiten des Umbruchs – im „Zwischenland“ – gestellt.
Der Kongress, der sich hauptsächlich aus landes- und freikirchlichen, aber auch katholischen Christen zusammensetzte, benannte Aspekte, die als Wegweiser einer missionarischen Kirche Relevanz haben. So wurde die Ortsgemeinde grundsätzlich „als die Hoffnung für die Welt“ vorgestellt, womit die Überzeugung verbunden wurde, dass die eigentliche Veränderungskraft nicht primär bei Regierungen, NGOs, der Wirtschaft etc. zu suchen ist, sondern eben in der christlichen Ortsgemeinde. Diese Grundhaltung kontrastiert zum einen mit bisweilen im Raum der katholischen Kirche zu findenden depressiven Haltungen zu Aufgabe und Möglichkeiten der Kirche, zum anderen knüpft dies an Erfahrungen an, die ihr Schwergewicht auf eine „lokale Kirchenentwicklung“ legen.
Dazu kommt die Erfahrung, dass Theologie und Spiritualität aus einem starken Bezug zur Schrift und der persönlichen Jesusbegegnung schöpfen. Auch im Blick auf Leitung („Everyone wins when a leader gets better“) und Charismenentwicklung der Christen tat sich ein großes Lernfeld auf, das jedoch in der z. T. schon lange dauernden Diskussion über das Ehrenamt bereits vielfach Widerhall findet. Darüber hinaus spricht Willow Creek, und das ist sicher der US-amerikanischen Herkunft geschuldet, v. a. Emotionen an und versucht, Inhalte auf diese Weise zu kommunizieren, besonders über persönliche Glaubenszeugnisse. Bei aller notwendigen Kritik stellt sich jedoch die Frage, inwieweit unserer oft „verkopften“ Art, zu glauben und über den Glauben zu sprechen, eine Berücksichtigung des Menschen als Gefühlswesen guttun würde.
Die Beiträge im Einzelnen zu würdigen ist hier nicht der Platz. Doch seien zumindest Themen benannt und einzelne Vorträge herausgegriffen: Der Hauptpastor der Willow-Creek-Gemeinde in South Barrington (bei Chicago), Bill Hybels, sprach zu Beginn über die Frage, was eine gute Predigt auszeichnet: Die Prediger müssten größte Anstrengungen auf die Predigtvorbereitung verwenden, da dies ein herausgehobener Moment sei, an dem „Gott die Menschen berühren könnte“. Der evangelische Theologe Michael Herbst (Greifswald) nahm in seinem Plädoyer für die „eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“ Abschied von der Volkskirche als „privilegierter Kirche des ganzen Volkes“ und stellte die Frage nach dem Verhältnis „drinnen – draußen“. Sein Fazit: Kirche kann niemals Gemeinschaft gegen andere sein, sondern immer nur mit anderen. Man ist erinnert an ein Bild, das Bischof Joachim Wanke für eine missionarische Kirche gewählt hat: das Festmahl, zu dem alle (unverdientermaßen) eingeladen sind! Kara Powell vom Fuller Institute, CA, stellte als wichtigen Aspekt für einen Glauben, der kleben bleibt („sticky faith“), die intergenerationale Gemeinschaft in den Mittelpunkt. Pastor Richard Webb von der Lutheran Church of Hope, Des Moines, Iowa, ging der Frage nach, wie christliche Gemeinden die richtige Balance zwischen Tradition und Innovation finden; Phil Potter stellte innovative Gemeinschaftsformen der Fresh-Expressions-Bewegung der anglikanischen Kirche vor. Aber auch Leitungskompetenzen wurden beleuchtet, einerseits aus dem Businessbereich durch Jim Collins, anderseits von Gottfried Locher, dem Präsidenten des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds und Präsidenten des Rates der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa. Einen Höhepunkt bildete sicher der Vortrag des Geigenbauers Martin Schleske. In seinem Buch „Der Klang. Vom unerhörten Sinn des Lebens“ und im Vortrag „Heilige Verunsicherung“ gelang es Schleske, die einzelnen Etappen seiner Arbeit mit alten Geschichten, Erkenntnissen und Gleichnissen aus den Evangelien zu verknüpfen – er schafft Gleichnisse zum Leben, die nicht aufgesetzt, sondern authentisch den Glauben an Gott bezeugen.
Der Kongress war insgesamt Beispiel einer großen ökumenischen Suchbewegung. Denominationen spielten eine untergeordnete Rolle, es ging primär um ein gemeinsames Zeugnis und eine gemeinsame Ermutigung.
Zur Homepage des Kongresses: http://www.willowcreek.de/leitungskongress/
Bilder finden Sie unter: https://www.flickr.com/photos/willowcreek-dch/sets/72157640348224873/